Hinweis zu den Veröffentlichungen im Bereich des Wohnungseigentumsrechts:

Mit Wirkung zum 01.12.2020 ist eine umfassende Reform des Wohnungseigentumsrechts in Kraft getreten, so dass eine Vielzahl der früheren Entscheidungen und Beiträge nicht mehr der aktuellen Rechtslage entsprechen.

Patrick Geiger
angestellter Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Ellen Taufkirch
angestellte Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Corona-Krise

Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens durch die immer noch andauernde COVID-19 – Pandemie (Corona) haben leider auch häufig direkte und massive Auswirkungen auf Mietverhältnisse und Wohnungseigentümergemeinschaften:
weiterlesen Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie und das Arbeitsrecht

Hinweis

Wir weisen darauf hin, dass es sich bei diesem Beitrag lediglich um eine allgemeine Information und nicht um eine verbindliche Rechtsberatung handelt. Für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit übernehmen wir keine Gewähr.


Einführung

Die aktuelle Krisensituation stellt Unternehmen und ihre Mitarbeiter in vielen Beziehungen vor erhebliche Herausforderungen. In diesem Zusammenhang ergeben sich auch diverse arbeitsrechtliche Fragen. Das vorrangige Ziel von Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsrat sollte es selbstverständlich sein, für alle Seiten tragfähige, vernünftige und praktische Lösungen zu finden, um gemeinsam die schwierige Lage durchzustehen. Dies wird unserer Einschätzung nach dadurch erleichtert, dass die Beteiligten ihre Rechte und Pflichten kennen. Hierzu wollen wir mit den folgenden Ausführungen eine Hilfestellung geben. Hierbei müssen wir uns auf einige wichtige Fragen beschränken.


1. Arbeitsausfall wegen notwendiger Kinderbetreuung und Auswirkungen auf das Gehalt

Wegen der Schließung von Schulen und Kitas sehen sich viele Arbeitnehmer mit der Situation konfrontiert, dass es keine außerhäusliche Kinderbetreuung mehr gibt und sie daher zu Hause bleiben müssen. Haben Sie während der hierdurch bedingten Abwesenheit von der Arbeit trotzdem Anspruch auf Ihr Gehalt? Es gilt der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“, von dem es jedoch Ausnahmen gibt. Gemäß § 616 BGB verliert der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch nicht, wenn er durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ daran verhindert wird, seine Arbeitsleistung zu bringen. Hierzu gehört grundsätzlich auch der Fall der notwendigen Kinderbetreuung. Abgesehen davon, dass der Anspruch nach § 616 BGB von verschiedenen Voraussetzungen abhängig ist, die nicht immer erfüllt sein werden, hilft er, selbst wenn er besteht, nur für einen kurzen Zeitraum. So geht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einer Pressemitteilung davon aus, dass der Anspruch in der Regel auf zwei bis drei Tage begrenzt sei. Hierzu ist anzumerken, dass die Meinungen darüber, wie lange der Anspruch besteht, auseinandergehen und die Ansicht des Ministeriums rechtlich nicht verbindlich ist.

Der Gesetzgeber hat daher beschlossen, betroffenen Eltern zu helfen. Durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes wird die Möglichkeit geschaffen, dass ein Elternteil, der mangels Kinderbetreuung nicht arbeiten kann und daher einen Verdienstausfall erleidet, unter Umständen vom Staat 67 % seines Nettoeinkommens bekommt. Dieser Anspruch ist aber als letzte Möglichkeit für den Fall vorgesehen, dass andere Lösungen (z. B. Anspruch auf Notbetreuung, Möglichkeit der Kinderbetreuung durch den nichterwerbstätigen Partner, Arbeit im Homeoffice) nicht in Betracht kommen. Der Anspruch ist der Dauer nach auf maximal sechs Wochen und der Höhe nach auf
€ 2016,00 pro Monat begrenzt. Die Zahlung erfolgt durch den Arbeitgeber, der einen Erstattungsanspruch gegen den Staat hat. Betroffene Selbständige sollen ebenfalls die Möglichkeit erhalten, die staatliche Leistung für sich in Anspruch zu nehmen.


2. Arbeit im Homeoffice/mobiles Arbeiten

In der gegenwärtigen Situation sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Fällen, in denen die Art der Arbeit dies zulässt und die technischen Voraussetzungen geschaffen werden können, auf eine Tätigkeit im Home-Office bzw. mobiles Arbeiten verständigen. Aber wie stellt sich die Rechtslage dar, wenn der Arbeitgeber diese Möglichkeit nicht bieten oder der Arbeitnehmer sie nicht nutzen will? Zumindest in rechtlicher Hinsicht gibt es keine Probleme, wenn der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeit im Home-Office bzw. die Befugnis des Arbeitgebers, diese anzuordnen, im Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag festgeschrieben wurde. Anderenfalls gilt Folgendes: Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, dass ihm die Tätigkeit im Home-Office gewährt wird. Daran hat die aktuelle Situation nichts geändert. Weigert er sich, in den Betrieb zu kommen, verliert er seinen Vergütungsanspruch und riskiert arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zur fristlosen Kündigung. Der Arbeitgeber darf die Arbeit im Home-Office nicht anordnen, sein Weisungsrecht reicht nicht bis in die Wohnung. Verweigert er dem Arbeitnehmer den Zugang zum Betrieb, muss er gleichwohl dessen Vergütung weitergewähren.


3. Anspruch auf Gehalt trotz Betriebseinstellung?

Stellt der Arbeitgeber, sei es aus eigenem Entschluss, sei es aufgrund staatlicher Anordnung, wegen der aktuellen Situation seinen Betrieb vorübergehend ein und nimmt die Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter nicht mehr entgegen, stellt sich die Frage, ob ihnen das Gehalt gleichwohl weiterhin zu gewähren ist. Das dürfte der Fall sein. Der Arbeitgeber trägt das sogenannte „Betriebsrisiko“. Das bedeutet, dass Umstände, die dazu führen, dass die Betriebstätigkeit nicht fortgeführt werden kann, allein zu Lasten des Arbeitgebers gehen. Er muss somit, obwohl er die Arbeitskraft nicht mehr nutzen kann, weiterhin Gehalt zahlen. Dies ist zum Beispiel anerkannt für Fälle wie Zerstörung des Betriebes durch Brand, Ausfall von Maschinen oder Rohstoffmangel. Im Fall einer Betriebseinstellung aus Gründen, die im Zusammenhang mit der Corona-Krise stehen, dürfte nichts anderes gelten. Das ist aber nicht ganz unumstritten. Nach Auffassung Einiger soll eine Pandemie nicht anders behandelt werden als andere „allgemeine Gefahrenlagen“ wie Krieg, innere Unruhen oder Terroranschläge, die nicht zum vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisiko zählen.


4. Der Arbeitnehmer trägt das Wegerisiko

Der Arbeitnehmer muss dafür Sorge tragen, dass er von seiner Wohnung bzw. seinem sonstigen Aufenthaltsort an den Arbeitsplatz gelangt und dort zum vorgeschriebenen Arbeitsbeginn ankommt. Er trägt das sogenannte „Wegerisiko“. Er kann sich somit in der aktuellen Situation z. B. nicht darauf berufen, ein Auto stehe ihm nicht zur Verfügung und die Fahrt zur Arbeit in öffentlichen Verkehrsmittel sei ihm wegen der Ansteckungsgefahr zu riskant. Auch den, der sich im Ausland befindet, weil er dort Urlaub gemacht hat und dessen Rückflug nicht stattfindet, trifft das Wegerisiko. Folge ist, dass er für die deshalb nicht geleistete Arbeitszeit keinen Vergütungsanspruch hat.


5. Angst entbindet nicht von der Pflicht, zur Arbeit zu erscheinen

Arbeitnehmer könnten auf die Idee kommen, dass sie sich wegen des Kontakts zu Kollegen und Kunden, die ja unter Umständen Überträger des Corona-Virus sind, weigern könnten, zur Arbeit zu erscheinen. Das wäre jedoch ein Irrtum. Die bloße Angst vor Ansteckung entbindet nicht von der Arbeitsplicht. Anders kann es sich verhalten, wenn der Arbeitgeber es versäumt, die gebotenen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Dann hat der Arbeitnehmer unter Umständen das Recht, die Arbeitsleistung zurückzuhalten, ohne seinen Vergütungsanspruch zu verlieren.


6. Vergütungsanspruch bei COVID 19-Erkrankung bzw. bei Infektionsverdacht?

Führt die Infektion mit dem Virus zu Krankheitssymptomen, die eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben, besteht selbstverständlich, wie bei anderen Krankheiten auch, ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber nach den hierfür geltenden Vorschriften.

Besteht hingegen lediglich ein konkreter Verdacht auf eine Infektion, ohne dass der Betroffene in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt ist, finden die Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall keine Anwendung. In diesem Fall sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer, soweit eine Tätigkeit im Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten nicht möglich ist, auf eine bezahlte Freistellung einigen, um andere Personen, mit denen der Betroffene am Arbeitsplatz Kontakt hätte, nicht zu gefährden. Sollte der Arbeitnehmer mit der Freistellung nicht einverstanden sein, kann der Arbeitgeber unter Umständen mit Rücksicht auf den Schutz Anderer berechtigt und auch verpflichtet sein, ihn gegen seinen Willen –unter Fortzahlung der Vergütung – freizustellen.

Wenn der Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückkehrt, darf der Arbeitgeber ihn wohl nicht fragen, wo genau er war, aber – allgemeiner – ob er sich in einem Corona-Risikogebiet aufgehalten habe.


7. Vergütung bei behördlichem Verbot der Berufsausübung bzw. angeordneter Quarantäne

Besonderheiten gilt es zu beachten, wenn die Gesundheitsbehörde, wozu sie nach dem IfSG (Infektionsschutzgesetz) berechtigt ist, einem Kranken oder Krankheitsverdächtigen das Verbot auferlegt, seine berufliche Tätigkeit auszuüben oder eine Quarantäne anordnet. Der Betroffene hat dann Anspruch auf Entschädigung. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls (d. h. des Nettogehalts) gewährt, anschließend in Höhe des Krankengeldes. Der Arbeitgeber ist hinsichtlich dieser Zahlungen vorleistungspflichtig, d. h. er muss sie für die Behörde an den Arbeitnehmer auszahlen. Er hat aber einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen die öffentliche Hand. Die Erstattung erfolgt nur auf Antrag hin, der innerhalb einer bestimmten Frist gestellt werden muss (vgl. § 56 IfSG).

Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt

Entscheidungen Miet- und Wohnungseigentumsrecht 01/20

Treuwidrige Verjährungseinrede des Bauträgers

Eine Partei kann sich dann nicht mit Erfolg auf eine Verjährung der gegen sie gerichteten Ansprüche berufen, wenn die Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben verstößt.

Davon ging das Oberlandesgericht Frankfurt im Fall einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft aus. Diese hatte eine Siedlung aus Reihenhäusern errichtet, bei denen es aufgrund fehlerhafter Abdichtungen zu Wassereintritt und Schimmelbildung gekommen war. Jahrzehntelang verhandelte die Wohnungsbaugesellschaft mit den Eigentümern über die Mängel und besserte auch teilweise nach. Dann berief sie sich auf Verjährung.

Ohne Erfolg allerdings, denn das Oberlandesgericht Frankfurt bewertete dieses Verhalten als treuwidrig. Als städtische Wohnungsbaugesellschaft übernehme die Beklagte auch „Aufgaben der Daseinsvorsorge“. Durch die jahrelangen Verhandlungen mit den Eigentümern, die teilweise Nachbesserung und eine partielle Nachbesserungszusage sei bei den Wohnungseigentümern ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend hervorgerufen worden, dass der städtische Bauträger die Mängel beseitigen werde.

Das Oberlandesgericht Frankfurt stellt in dieser Entscheidung auch nochmals klar, dass auch bei Übertragung der Prozessführungsbefugnis auf die WEG die materielle Berechtigung aus den jeweils geschlossenen Erwerbsverträgen bei den einzelnen Erwerbern verbleibt.

Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10.12.2018, Az. 29 U 123/17
Zuvor: Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 30.06.2017, Az. 5 O 126/16

Anspruch auf Rückbau eines Treppenliftes

In dem vom Amtsgericht Kassel zu entscheidenden Fall hatte eine WEG zugunsten einer gehbehinderten Miteigentümerin die Errichtung eines Treppenliftes gestattet. Nach dem Tod der Miteigentümerin beschlossen die Eigentümer den Rückbau des Treppenliftes. Hiergegen wendete sich der 87 jährige Ehemann der Verstorbenen.

Zu Recht, wie das Amtsgericht Kassel urteilte. Es müsse eine Berücksichtigung sämtlicher Interessen der beteiligten Eigentümer erfolgen. Für die beeinträchtigte Person streite das grundrechtliche Diskriminierungsverbot. Allerdings sei auch zu berücksichtigen, ob die mit der baulichen Veränderung verbundene Einschränkung der Nutzung des Gemeinschaftseigentums durch die übrigen Miteigentümer zumutbar sei. Ein Treppenlift sei daher von den übrigen Eigentümern nur vorübergehend und nur bei entsprechendem Bedarf zu dulden. Bei Wegfall des Bedarfs entstehe ein Rückbauanspruch.

Der vorliegende Fall sei jedoch anders zu beurteilen, da zwar der Bedarf der Ehefrau durch deren Tod weggefallen, nun aber bei ihrem Ehemann angesichts seines Alters mit einem Bedarf an einem Treppenlift zu rechnen sei, auch wenn dieser aktuell noch nicht bestehe. Dies stehe einem Rückbauanspruch entgegen.

Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 24.10.2019, Az. 800 C 2005/19

Anmerkung:

    Im Mietrecht gilt § 554 a BGB.

Einladungsmangel bei Beschluss über Jahresabrechnung

In einem Beschlussanfechtungsverfahren hatte das Amtsgericht unter anderem über den Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung zu entscheiden.

Die Klägerin rügte (unter anderem), dass die Einladung nicht ordnungsgemäß war. Unstreitig war eine unvollständige Abrechnung mit der Einladung versandt worden. Insbesondere fehlte die Heizkostenabrechnung. Diese wurde den Eigentümern erst in der Versammlung übergeben. Andere Unterlagen lagen (unvollständig) der Abrechnung zwar bei, wurden aber nochmals abgeändert. Die geänderten Unterlagen wurden den Eigentümern erst in der Eigentümerversammlung gemeinsam mit der Heizkostenabrechnung übergeben.

Hinsichtlich der Heizkostenabrechnung erkennt das Amtsgericht zwar einen Einladungsmangel. Dieser sei jedoch nicht erheblich gewesen. Jedenfalls habe die Klägerin nicht aufgezeigt, dass dieser Mangel Einfluss auf ihre Teilnahme an der Versammlung oder den Meinungsaustausch der Eigentümer gehabt habe. Hinsichtlich der Unterlagen, die geändert wurden, meint das Gericht, dass jedenfalls dann kein Einberufungsmangel vorliegt, wenn den Eigentümern die Korrektur nachvollziehbar erläutert wird.

Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 14.11.2019, Az. 33 C 2436/19 (55)

Anmerkung:

    Das Amtsgericht hat den Beschluss allerdings wegen anderer (inhaltlicher) Mängel für ungültig erklärt.

Duldungsansprüche gegen den Nachbarn bei Anbringung einer Wärmedämmung

Ein Grundstückseigentümer muss einen Überbau von Bauteilen dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand auf sein Grundstück ragen.

Veränderungen an seinem eigenen Gebäude, die aufgrund der Anbringung der Wärmedämmung notwendig werden, muss er hingegen nicht dulden.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.06.2019, Az. V ZR 144/18
Zuvor: Urteil des Landgerichts Gießen vom 02.05.2018, Az. 1 S 47/17
Zuvor: Urteil des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) vom 08.03.2017, Az. 2 C 1500/15 (11)

Anmerkung:

    Es gilt Landesrecht, d.h. der Anspruch ergibt sich im entschiedenen Fall aus § 10a Abs. 1 Hessisches Nachbarrechtsgesetz.

Unwirksamkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung begründet keine Amtshaftungsansprüche gegen das erlassende Land

Geklagt hatte ein Inkassounternehmen, das sich insbesondere darauf spezialisiert hat, aus abgetretenem Recht Ansprüche von Wohnungsmietern gegen ihre Vermieter wegen einer Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10 % durchzusetzen. Als dies aufgrund der Nichtigkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung scheiterte, verkündete die Klägerin dem beklagten Land den Streit und nahm dieses dann auf Schadensersatz in Anspruch.

Das Oberlandesgericht Frankfurt verneinte mit Urteil vom 13.02.2020 einen Staatshaftungsanspruch. Der Erlass einer unwirksamen Mietpreisbegrenzungsverordnung stelle keine Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht dar. Eine Haftung ergebe sich auch nicht aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes.

Allerdings hat das Oberlandesgericht Frankfurt die Revision zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen.

Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13.02.2020, Az. 1 U 60/19
Zuvor: Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.03.2019, Az. 2-04 O 307/18

Ellen Taufkirch
angestellte Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Patrick Geiger
angestellter Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Strba Rechtsanwälte
Rechts- und Fachanwälte Frankfurt am Main

Die Eigenbedarfskündigung

Sie möchten eine vermietete Immobilie selbst nutzen? Wohnraummietverträge können nur gekündigt werden, wenn ein berechtigtes Interesse besteht, wozu auch der Eigenbedarf gehört. Über die Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung möchten wir Ihnen in unserem Beitrag “Die Eigenbedarfskündigung”, der im ERA Wohnimmobilien-Magazin “ERste Adresse” (Jahrgang 15, Ausgabe Nr. 54) erschienen ist, einen ersten Überblick geben.

1.Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung

Eigenbedarf liegt nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vor, wenn „der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushaltes“ (sog. Bedarfspersonen) „benötigt.“

a) Bedarfspersonen

  • Bedarf für den Vermieter selbst
  • So ist eine Eigenbedarfskündigung natürlich möglich, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst benötigt. Bei mehreren Vermietern genügt es, wenn einer der Vermieter die Räume nutzen möchte.

  • Nutzung durch Familienangehörige
  • Zu den privilegierten Personen gehören jedenfalls die mit dem Vermieter eng verwandten oder verschwägerten Personen. Für weiter entfernte Verwandte, z.B. Cousinen und Cousins, fordert die Rechtsprechung zudem ein besonderes persönliches Verhältnis zwischen dem Vermieter und dem Angehörigen.

  • Nutzung durch Haushaltsangehörige
  • Zu den Haushaltsangehörigen gehören alle Personen, die seit längerer Zeit und auf Dauer mit dem Vermieter in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenleben. Will der Vermieter hingegen Personen, die nicht zur Familie gehören und bislang nicht zu seinem Haushalt gehört haben, den Wohnraum zur Verfügung stellen, liegt kein Fall des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vor (z.B. bei engen Freunden).

b) Eigenbedarf

Die Formulierung „benötigt“ setzt zumindest nach der neueren Rechtsprechung nicht voraus, dass der Vermieter zwingend auf die Wohnung angewiesen ist. Ausreichend ist vielmehr die ernsthafte Absicht, die Mietsache selbst als Wohnraum zu nutzen, d.h. dort einzuziehen.

Hierbei gebietet es die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG, dass die Gerichte grundsätzlich den Willen des Vermieters respektieren müssen. Sie dürfen insbesondere nicht ihre Vorstellungen von bedarfsgerechtem Wohnen an die Stelle der Wohnbedürfnisse und Lebensplanung des Vermieters setzen. Die Gerichte prüfen daher nur, ob der geäußerte Nutzungswille tatsächlich besteht. Die gerichtliche Kontrolle ist beschränkt darauf,

  • ob die vom Vermieter vorgetragenen Gründe für den Eigenbedarf auf vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen,
  • ob eine Ernsthaftigkeit des Erlangungswunsches gegeben ist und
  • ob die gekündigte Wohnung geeignet ist, den vom Vermieter geschilderten Bedarf tatsächlich zu decken.

Die Nutzungsinteressen des Vermieters können vielfältig sein. Beispielsweise kann es Eigenbedarf darstellen, wenn aufgrund einer Veränderung der Lebensumstände die bisherige Wohnung zu klein oder auch zu groß, die Art der Wohnung nicht mehr geeignet (z.B. Dachgeschosswohnung für gehbehinderte Person) oder etwa aufgrund eines Arbeitsplatzwechsels die Lage der derzeitigen Wohnung ungeeignet ist. Auch wirtschaftliche Gründe, z.B. wenn der Vermieter aufgrund einer Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse die bisher von ihm bewohnte Wohnung nicht mehr finanzieren kann, können Eigenbedarf begründen. Die Geltendmachung von Eigenbedarf wird grundsätzlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Vermieter diesen durch sein Verhalten selbst herbeiführt (z.B. bei Kinderwunsch).

Auch ein zeitlich begrenzter Nutzungsbedarf oder der Wunsch nach einer Nutzung der Wohnung als Zweit- oder Ferienwohnung kann Eigenbedarf begründen. Maßgeblich ist, ob ein vernünftiges, von nachvollziehbaren Gründen getragenes Erlangungsinteresse besteht.

Es kann jedoch rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Gründe für den Eigenbedarf bereits bei Abschluss des Mietvertrages vorlagen, der Vermieter aber dennoch einen unbefristeten Mietvertrag mit dem Mieter schließt und ihn nicht entsprechend informiert. Der Vermieter ist hingegen nicht gehalten, vor Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages ungefragt Ermittlungen über einen möglichen zukünftigen Eigenbedarf anzustellen.

Die Interessen des Mieters finden bei der Prüfung der Voraussetzungen des Tatbestandes der Eigenbedarfskündigung keine Berücksichtigung. Erst wenn für das Gericht die Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung feststeht, wird auf Widerspruch des Mieters im Rahmen der Sozialklausel der §§ 574, 574 a BGB geprüft, ob Härtegründe im Sinne dieser Vorschrift vorliegen (s.u.).

c) Eignung der Wohnung

Die zu kündigende Wohnung muss geeignet sein, um den Eigenbedarf zu decken. Dies ist z.B. nicht der Fall, wenn eine Wohnung gekündigt werden soll, die für die gehbehinderte Bedarfsperson z.B. aufgrund steiler Treppen kaum zu erreichen ist.

Wenn mehrere Wohnungen zur Deckung des Wohnbedarfs des Vermieters bzw. der Bedarfsperson in Betracht kommen, hat der Vermieter ein Wahlrecht, welchem Mieter er kündigt. Eine Sozialauswahl unter den Mietern findet nicht statt.

d) Vorgetäuschter Eigenbedarf

Wird ein Eigenbedarf lediglich vorgetäuscht (d. h. der Nutzungswunsch besteht tatsächlich nicht), ist die Kündigung unwirksam. Darüber hinaus macht sich der Vermieter schadensersatzpflichtig und ggf. strafbar.

2.Zeitpunkt des Eigenbedarfs

Der Wille zur Nutzung muss bei Ausspruch der Kündigung vorliegen und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortbestehen. Unzulässig sind sog. „Vorratskündigungen“, denen ein lediglich vermuteter künftiger Eigenbedarf zugrunde liegt.

Fällt das Nutzungsinteresse des Vermieters nach Ausspruch der Eigenbedarfskündigung, aber vor Ablauf der Kündigungsfrist weg, z.B. durch den Tod der Bedarfsperson, ist das weitere Festhalten an der ausgesprochenen Kündigung rechtsmissbräuchlich und führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Der Vermieter muss dem Mieter den Entfall des Eigenbedarfs mitteilen, anderenfalls macht er sich gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig.

Fällt das Nutzungsinteresse hingegen nach Ablauf der Kündigungsfrist weg, ändert dies nichts an der Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund der Eigenbedarfskündigung.

3.Alternativwohnung und Anbietpflicht

Eine Eigenbedarfskündigung ist rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam, wenn der Vermieter seinen Wohnbedarf durch eine andere freie Wohnung aus seinem Bestand decken könnte. Auch insoweit haben die Gerichte jedoch den begründeten Nutzungswillen des Eigentümers zu respektieren.

Unabhängig hiervon ist der Vermieter unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben und aus mietrechtlicher Rücksichtnahme heraus verpflichtet, dem gekündigten Mieter eine vergleichbare Wohnung, die bereits bei Kündigungsausspruch frei ist oder auch eine solche, die während des Laufes der Kündigungsfrist frei wird, zu zumutbaren Bedingungen zur Anmietung anzubieten. Kommt der Vermieter dieser Pflicht nicht nach, führt dies nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar nicht mehr zur Unwirksamkeit der Kündigung, aber zu Schadensersatzansprüchen des Mieters.

Die Anbietpflicht gilt nur für Wohnungen, die sich im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befinden. Sie gilt ferner nur für Wohnungen, die bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist frei werden. Das Angebot muss vom Vermieter ausgehen; er muss also aktiv tätig werden. Die Mietkonditionen, insb. die Miete, müssen angemessen sein. Angemessen ist die ortsübliche bzw. die bisher verlangte Miete oder die Marktmiete, soweit sie gesetzlich zulässig ist.

4.Kündigungsbeschränkungen

  • § 577 a BGB
  • Die wichtigste Beschränkung ist die sich aus § 577 a BGB ergebende Kündigungssperrfrist.

    Nach dieser Vorschrift kann sich der Vermieter für einen Zeitraum von drei (oder bei entsprechender Verordnung bis zu zehn) Jahren nicht auf Eigenbedarf berufen, wenn:

    • an der Mietsache nach Überlassung der Wohnung an den Mieter
    • Wohnungseigentum begründet wurde und
    • (wiederum hiernach) das Wohnungseigentum veräußert wurde.

    Die Frist beginnt erst mit der Eintragung des Erwerbers als Eigentümer in das Grundbuch. Die Kündigung darf erst nach Ablauf der Kündigungssperrfrist ausgesprochen werden.

    Vorsicht ist auch angebracht, wenn vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter an eine Personengesellschaft oder mehrere Erwerber veräußert oder zu deren Gunsten belastet worden ist, da in diesen Fällen eine Sperrfrist nach § 577 Abs. 1 a BGB eingreifen kann.

  • Weitere Kündigungsbeschränkungen
  • Weitere Kündigungsbeschränkungen können sich aus dem Mietvertrag ergeben. Dieser sollte daher vor Erwerb einer Wohnung genau geprüft werden. Gleiches gilt für den notariellen Kaufvertrag.

    Schließlich können auch Mieterdienstbarkeiten oder im Grundbuch eingetragene Wohnrechte existieren.

5.Widerspruchsrecht des Mieters

Gemäß § 574 Abs. 1 BGB kann der Mieter der ordentlichen (Eigenbedarfs-) Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses (befristet, in bestimmten Einzelfällen auch auf unbestimmte Zeit) verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn, seine Familie oder andere Angehörige seines Haushaltes eine Härte bedeuten würde, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Vermieterinteressen nicht zu rechtfertigen ist.

Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen. Er ist fristgebunden, wenn der Vermieter bereits im Kündigungsschreiben den Mieter auf die Widerspruchsmöglichkeit hinweist. Ein solcher Hinweis führt dazu, dass der Widerspruch zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist dem Vermieter zugehen muss. Die Frist gilt dann nicht, wenn die Härtegründe erst nach Ablauf der Frist entstehen.

In der Praxis spielen insbesondere zwei Härtegründe eine maßgebliche Rolle:

  • Gesundheitsgefahren bis zur Lebensgefahr im Falle eines Umzugs;
  • drohende Obdachlosigkeit, da eine andere angemessene Wohnung mieterseits nicht gefunden werden konnte.

Der Bundesgerichtshof hat in zwei Urteilen vom 22.05.2019 (insbesondere im Urteil zum Az. VIII ZR 180/18) klargestellt, dass zunächst eingehend zu prüfen ist, ob ein Härtefall vorliegt. Allein eine langjährige Verwurzelung im bisherigen Umfeld sowie sonstige, mit einem Umzug immer einhergehende Härten für den Mieter, stellen keine besondere Härte dar. Kommen zu diesen Umständen jedoch schwerwiegende Erkrankungen hinzu und ist etwa eine erhebliche Gesundheitsgefährdung im Falle eines Umzugs zu befürchten, müssen die Gerichte dem (regelmäßig unter Einholung eines Gutachtens) nachgehen. Hierbei haben die Gerichte auch zu prüfen, ob den Gesundheitsgefahren nicht durch begleitende Maßnahmen bei der Vollstreckung begegnet werden kann.

Liegt ein Härtegrund vor, sind die beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien gegeneinander abzuwägen. Hierzu hat der Bundesgerichtshof nunmehr klargestellt, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht voraussetzt, dass die Interessen des Mieters deutlich überwiegen. Ein Übergewicht der Mieterbelange reicht aus.

6.Formelle Anforderungen

Bei Ausspruch der Eigenbedarfskündigung sind hohe formelle Anforderungen zu beachten. Andernfalls ist die Kündigung regelmäßig allein deshalb unwirksam.

Die Kündigung unterliegt der Schriftform.

Des Weiteren muss eine Eigenbedarfskündigung von allen Vermietern gegenüber allen Mietern ausgesprochen werden. Bei dem Verkauf einer Immobilie ist zu berücksichtigen, dass der Erwerber erst mit der Eintragung als Eigentümer (d. h. nicht mit der Eintragung der Vormerkung) neuer Vermieter wird.

Ferner muss die Kündigung begründet werden. Allein floskelhafte Formulierungen („Ich kündige Ihnen wegen Eigenbedarfs“) genügen nicht. Der Mieter muss anhand des Kündigungsschreibens prüfen können, ob Eigenbedarf besteht.

Aus den oben genannten Gründen sollten der Hinweis auf das Widerspruchsrecht und die Widerspruchsfrist ebenso wenig fehlen wie ein Widerspruch gemäß § 545 BGB gegen eine stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses.

Sofern das Mietverhältnis noch nicht 5 Jahre bestanden hat, ist die Eigenbedarfskündigung bis spätestens zum 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Für den Vermieter verlängert sich die Kündigungsfrist nach 5 und nach 8 Jahren jeweils um 3 Monate.

Wichtig ist, dass die Kündigung dem bzw. den Mieter(n) nachweislich rechtzeitig zugeht. Wir empfehlen die Zustellung durch einen Boten, der das Kündigungsschreiben zuvor gelesen und sich von der Einhaltung der Formvorschriften vergewissert hat.

7.Muster

Zustellung durch Zeugen

An
Monika Muster                          Veronika Vermieter
Max Muster                             Volker Vermieter
Musterstraße 1                         Musterstraße 2
01234 Muster                           01234 Muster

Betr.: Kündigung des Mietvertrages

Sehr geehrte Frau Muster,
sehr geehrter Herr Muster,

hiermit erklären wir die

             ordentliche Kündigung

des Mietvertrages vom __________ über die Wohnung in der _________________ unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum ____________, hilfsweise zum nächsten zulässigen Termin.

Die Kündigung erfolgt wegen Eigenbedarfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

     (Eigenbedarf ausführlich und detailliert beschreiben)

Nach § 574 BGB können Sie der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn Sie der Auffassung sind, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für Sie oder zu Ihrem Hausstand gehörende Personen eine unbillige Härte bedeuten würde, die auch unter Berücksichtigung der Vermieterinteressen nicht hinzunehmen wäre. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und uns zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist zugehen. Er sollte ferner begründet sein.

Einer stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses (§ 545 BGB) wird bereits an dieser Stelle ausdrücklich widersprochen.

Die Wohnung ist bis zum ____________ in vertragsgerechtem Zustand zurückzugeben. Bitte kontaktieren Sie uns zur Vereinbarung eines Übergabetermins.

Mit freundlichen Grüßen

eigenhändige Unterschrift        eigenhändige Unterschrift
Veronika Vermieter               Volker Vermieter

(ggf. Anlage: Vollmacht im Original bei Stellvertretung)

Ellen Taufkirch
angestellte Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Patrick Geiger
angestellter Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Strba Rechtsanwälte
Rechts- und Fachanwälte Frankfurt am Main