Wie sicher ist Job nach Verkauf?

Am 16.04.2015 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit der Frage befasst, wann ein Betriebsübergang (§ 613 a BGB) vorliegt und welche Auswirkungen er auf den Arbeitnehmer und das Arbeitsverhältnis hat.

Herr T. arbeitet als Softwareentwickler. Sein Arbeitgeber entschließt sich, sich zur Ruhe zu setzen und das Unternehmen an einen Konkurrenten zu veräußern. Dieser erwirbt die Marke, unter der die Produkte vertrieben werden, das technische Equipment sowie die Büromöbel und stellt rund 90 Prozent der Kollegen von Herrn T. ein. Er beabsichtigt außerdem, zukünftig die Kunden seines Mitbewerbers zu beliefern. Der Leser fragt, welche Auswirkungen der Verkauf auf sein Arbeitsverhältnis hat.

Das Gesetz (§ 613a BGB) bestimmt, dass im Fall des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber dieser in die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. Mit anderen Worten: Im Falle eines Betriebsübergangs kommt es kraft Gesetzes zu einem Wechsel des Arbeitgebers; der neue Betriebsinhaber tritt – ohne dass es seiner Zustimmung bedarf – an die Stelle des alten. Wann ein Betriebsübergang vorliegt, lässt sich immer nur anhand der Umstände des Einzelfalls entscheiden. Die Rechtsprechung hat verschiedene Kriterien entwickelt. Demnach sind Tatsachen, die für einen Betriebsübergang sprechen, etwa die Übernahme von materiellen und/oder immateriellen Betriebsmitteln, die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals sowie der Kundschaft und die Fortführung der Betriebsmethoden und der Arbeitsorganisation.

Im Fall von Herrn T. könnte daher ein Betriebsübergang vorliegen. Folge hiervon wäre, dass der neue Betriebsinhaber sein Arbeitgeber würde. Die bisherigen Arbeitsbedingungen bestehen grundsätzlich fort. Dies gilt zum Beispiel für das Gehalt und die weiteren Vergütungsbestandteile (etwa Sonderleistungen). Auch die bisherige Betriebszugehörigkeit wird angerechnet, was insbesondere im Hinblick auf die Länge der Kündigungsfrist und den Erwerb von Anwartschaften in der betrieblichen Altersversorgung von Bedeutung ist.

Ausnahmen vom Grundsatz der Fortgeltung der Arbeitsbedingungen können sich ergeben, wenn diese beim neuen Betriebsinhaber durch einen anderen Tarifvertrag oder abweichende Betriebsvereinbarungen (das sind Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat) geregelt werden.

Zum Wechsel des Arbeitgebers kommt es nicht, wenn der Mitarbeiter dem Übergang widerspricht. Die Frist hierfür beträgt einen Monat; sie beginnt erst zu laufen, wenn der Arbeitnehmer in Textform über den Betriebsübergang, dessen Grund und seine Auswirkungen unterrichtet wurde. Herr T. könnte somit dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen. Doch sollte er berücksichtigen, dass es beim bisherigen Arbeitgeber keinen Beschäftigungsbedarf mehr für ihn gibt und er deshalb bei Widerspruch mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen muss.

Aber auch beim Betriebserwerber ist Herr T. nicht in jedem Fall vor einer Kündigung geschützt. Zwar verbietet das Gesetz (§ 613a Abs. 4 BGB) die Kündigung “wegen des Betriebsübergangs”. Hiervon unberührt bleibt aber die Möglichkeit, bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes, wie er auch unabhängig vom Betriebsübergang anerkannt ist, das Arbeitsverhältnis zu beenden. So kann eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt sein, wenn beim Betriebsübernehmer infolge des Übergangs von Arbeitnehmern ein Personalüberhang entsteht.

Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt