Entscheidungen aus der Region Frankfurt und Rhein-Main 4/15

AG Frankfurt: Zur Überprüfbarkeit des Eigennutzungswunsches bei Eigenbedarfskündigungen

Die Frage, ob vernünftige und nachvollziehbare Gründe für einen zur Kündigung berechtigenden Eigennutzungswunsch bestehen, ist ausschließlich aus Sicht des Kündigenden und der Bedarfsperson zu beurteilen. Auf die Sicht der Mieter kommt es hingegen nicht an. Dem Mieter ist es verwehrt, die Lebensplanung und –gestaltung Dritter beeinflussen zu wollen.

Die Frage, ob vernünftige und nachvollziehbare Gründe für einen zur Kündigung berechtigenden Eigennutzungswunsch bestehen, ist ausschließlich aus Sicht des Kündigenden und der Bedarfsperson zu beurteilen. Auf die Sicht der Mieter kommt es hingegen nicht an. Dem Mieter ist es verwehrt, die Lebensplanung und –gestaltung Dritter beeinflussen zu wollen.

Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 13.03.2015, Az. 33 C 3281/14 (50)

Anmerkung: Das Amtsgericht Frankfurt folgt mit dieser Entscheidung der ständigen Rechtsprechung. Erst kürzlich hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass auch die Gerichte nicht berechtigt sind, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnbedarf verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen. Der vom Vermieter geltend gemachte Wohnbedarf sei daher von den Gerichten nicht auf Angemessenheit, sondern nur auf Rechtsmissbrauch zu überprüfen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.03.2015, Az. VIII ZR 166/14).

AG Frankfurt: Kein Leinenzwang für Katzen

Die Wohnungseigentümer eines Mehrfamilienhauses befürchteten Verschmutzungen in Treppenhaus und Garten durch im Haus gehaltene Katzen und regelten deshalb einen Leinenzwang für Katzen in der Hausordnung. Das Amtsgericht sah diese Regelung als unwirksam an. Ausreichend sei eine Verpflichtung, Verschmutzungen der Tiere sofort zu beseitigen. Im Übrigen könnten ohnehin jederzeit nicht angeleinte Katzen von Nachbargrundstücken eindringen und Verschmutzungen hinterlassen, so dass der Leinenzwang auch nicht geeignet sei, das Grundstück vor Katzenkot zu bewahren.

Amtsgericht Frankfurt, Urteil vom 27.01.2015, Az. 33 C 2891/14

AG Frankfurt: Anspruch des Mieters auf Entfernung einer Videokamera im Hauseingangsbereich

Ein Mieter eines Mehrfamilienhauses kann grundsätzlich gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 GG vom Vermieter die Entfernung einer Videokamera im Hauseingangsbereich verlangen. Dies gelte – so das Amtsgericht – auch dann, wenn es sich lediglich um eine Attrappe handele, da bereits die Androhung einer ständigen Überwachung der Bewegung des Mieters und seiner Besucher eine Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit darstelle. Ausnahmen von diesem Grundsatz seien nur unter besonderen Umständen zu rechtfertigen. Das allgemeine Ziel, die Sicherheit um das Haus zu erhöhen und Dritte von Vandalismus und Einbruchsdiebstahl abzuhalten, genüge nicht.

Amtsgericht Frankfurt, Urteil vom 14.01.2015, Az. 33 C 3407/14 (93)

Anmerkung: Der Bundesgerichtshof hatte im Jahr 2013 (Urteil vom 24.05.2013, Az. V ZR 220/12) zur Videoüberwachung in Wohnungseigentumsanlagen entschieden, dass in Anlehnung an § 6 BDSG diese (zusätzlich zu anderen Voraussetzungen) nur zulässig sei, wenn ein konkret und verbindlich festzulegendes Gemeinschaftsinteresse das Interesse des Einzelnen überwiege. Dies sei z.B. bei der Abwehr von Straftaten der Fall, wobei in dem vom BGH entschiedenen Fall der gerade renovierte Eingangsbereich der Wohnanlage durch einen Farbanschlag verunreinigt worden war. Es war also bereits zu Straftaten gekommen (vgl. Privates Eigentum, November 2013, S. 14).

Das Amtsgericht Saarbrücken sah mit Urteil vom 21.04.2011 eine Videoüberwachung im Hauseingang unter der Voraussetzung als zulässig an, dass keine technische Möglichkeit besteht, Personen über einen Bildschirm zu beobachten, sondern nur der Polizei bei einer Straftat durch die Installationsfirma eine Auslesung der aufgezeichneten Daten für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt werden kann. In diesem Fall war es zuvor unstreitig zu wöchentlichen Ein- und Aufbrüchen von Wohnungen gekommen (AG Saarbrücken, Urteil vom 21.04.2011, Az. 36 C 155/10).

AG Gießen: Einladungs- und Abstimmungsmängel bei WEG-Versammlungen, Bestimmtheit von WEG-Beschlüssen bei Bezugnahme auf Anlagen

  1. Wenn wichtige Unterlagen der Einladung zu einer WEG-Versammlung nicht beiliegen (hier eine Baugenehmigung mit Anlagen, aus der sich ergab, mit welchen Auflagen eine Brandschutzmaßnahme in zwei Hochhäusern auszuführen war), liegt ein relevanter Einladungsfehler vor. Dieser führt zur Ungültigerklärung des auf der Versammlung gefassten Beschlusses durch das Gericht. Eine Information in der Versammlung sei ebenso wenig ausreichend wie ein Hinweis darauf, dass interessierte Eigentümer die Unterlagen im Vorfeld hätten einsehen können. Bei komplexen Sachverhalten müssten die Eigentümer – so das Amtsgericht Gießen – vor der Versammlung unter Übersendung der relevanten Unterlagen informiert werden, um den Sachverhalt in Ruhe erfassen und sich auf die Versammlung vorbereiten zu können.
  2. Nimmt ein Beschluss Bezug auf zwei nicht identische Angebote eines Architektenbüros, ohne zu konkretisieren, welches Angebot zur Ausführung kommen soll, ist der Beschluss nicht hinreichend bestimmt. Bewirkt die fehlende Bestimmtheit die Undurchführbarkeit des Beschlusses, ist der Beschluss nichtig. Ist er nur teilweise unbestimmt und damit nur teilweise durchführbar, ist aber eine nur teilweise Ausführung weder gewollt noch sachdienlich, ist der Beschluss insgesamt anfechtbar und für ungültig zu erklären.
  3. Ist bei einer schriftlichen Abstimmung auf den Stimmzetteln der Beschlussantrag inhaltlich nicht exakt wiedergegeben, stellt dies einen erheblichen Abstimmungsfehler dar.

Amtsgericht Gießen, Urteil vom 30.01.2015, Az. 46 C 42/13

Anmerkung: Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Berufungsverfahren wird vor dem Landgericht Frankfurt am Main unter dem Az. 2-13 S 39/15 geführt.

AG Seligenstadt: Kostenpflicht des Verwalters im WEG-Prozess

Gemäß § 49 Abs. 2 WEG können dem Verwalter Prozesskosten auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft. Dies gilt auch dann, wenn der Verwalter nicht Partei des Rechtsstreits ist.

Im vorliegenden Fall hatte das Gericht über eine Beschlussanfechtungsklage eines Eigentümers gegen die übrigen Eigentümer zu entscheiden. Das Gericht sah die Klage des Eigentümers nicht als begründet an. Die Kosten des Rechtsstreits müsse aber nicht der in der Sache unterlegene Kläger tragen, sondern der Verwalter. Dieser sei als professioneller WEG-Verwalter in leichtfertiger Weise seiner Verpflichtung zur Feststellung der für eine Mängelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen nicht nachgekommen, so dass eine sachgerechte Entscheidung der Wohnungseigentümer nicht möglich gewesen sei.

Amtsgericht Seligenstadt, Urteil vom 06.03.2015, Az. 10 C 45/14 (4)

Anmerkung: Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Verwalter hat sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung eingelegt.