Keine Ziele, kein Bonus?

Am 02.01.2014 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung  mit dem Thema „Sonderzahlung (Bonus, Tantieme, Erfolgsbeteiligung) trotz unterbliebener Zielvereinbarung?“ beschäftigt.

Herr V. ist Sales Manager. Sein Arbeitsvertrag sieht vor, dass er außer dem Fixgehalt Anspruch auf einen variablen Vergütungsbestandteil hat. Dessen Höhe ist abhängig davon, ob die Ziele erreicht werden, die jährlich zwischen dem Unternehmen und Herrn V. vereinbart werden sollen. Herr V. bat zu Beginn des vergangenen Jahres seinen Vorgesetzten deswegen mehrfach um ein Gespräch. Er wurde jedoch so oft auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet, dass er schließlich aufgab. Nachdem das Geschäftsjahr nun zu Ende ist, fragt der Leser, ob er trotz unterbliebener Vereinbarung Anspruch auf einen Bonus habe.

In der Hoffnung, die Motivation ihrer Angestellten und damit den Unternehmenserfolg steigern zu können, vereinbaren viele Arbeitgeber mit ihren Mitarbeitern, dass neben dem festen auch ein variabler, erfolgsabhängiger Vergütungsbestandteil gezahlt wird. Solche Modelle sind mit einer Vielzahl von rechtlichen Fragen verbunden, die Anlass zu Konflikten geben können. So stellt sich, wie im vorliegenden Fall, die Frage, welche Rechte der Arbeitnehmer hat, wenn die Vereinbarung unterblieben ist. Das rückwirkende Aufstellen von Zielen für einen abgelaufenen Zeitraum macht keinen Sinn. Eine Vereinbarung kann die mit ihr verbundene Motivation nur erfüllen, wenn der Arbeitnehmer bereits bei Ausübung seiner Tätigkeit weiß, welche Ziele er zu erfüllen hat, so dass er seine Anstrengungen hieran ausrichten kann. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass der Mitarbeiter, für den keine Ziele bestimmt wurden, leer ausgeht. Schließlich hätte er, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht, in einem Gespräch Ziele festzulegen, nachgekommen wäre, einen Bonus verdienen können.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann daher in Fällen dieser Art an die Stelle des Bonus ein Schadensersatzanspruch treten. Dessen Höhe richtet sich danach, welcher Verdienst dem Mitarbeiter entgangen ist. Weil sich im Nachhinein nicht mit Gewissheit feststellen lässt, welche Ziele vereinbart und ob diese erreicht worden wären, erlaubt das BAG eine Schadensschätzung.

Demnach kann grundsätzlich unterstellt werden, dass der Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht und somit den Bonus verdient hätte. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Ziele im Allgemeinen realistisch festgelegt werden. Besondere Umstände, die der Annahme entgegenstehen, Herr V. hätte die Ziele erreicht, muss der Arbeitgeber darlegen und gegebenenfalls beweisen. Somit kann Herr V. argumentieren, bei Abschluss einer Vereinbarung hätte er die festgelegten Ziele erfüllt und den Bonus in voller Höhe verdient. Der Arbeitgeber könnte sich der Schadensersatzpflicht nur dann entziehen, wenn er nachweisen könnte, dass und aus welchen Gründen Herr V. die Ziele nicht hätte erreichen können.

Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt