“Außenseiter” im Betrieb

Am 24.05.2007 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Bezugnahme auf Tarifvertrag im Arbeitsvertrag (Bezugnahmeklausel) beschäftigt.

Herr T. hat im Jahr 2000 einen Arbeitsvertrag unterzeichnet. Darin heißt es, dass die Vorschriften des Tarifvertrages in der jeweils geltenden Fassung maßgeblich sind. Der Arbeitgeber gehörte zu dem Zeitpunkt dem Arbeitgeberverband an, der einen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft geschlossen hatte. Inzwischen ist der Arbeitgeber aus dem Verband ausgetreten und hat den Tariflohn erhöht. Herr T., der niemals Mitglied einer Gewerkschaft war, fragt, ob sich damit auch sein Verdienst automatisch verbessert.

Die Bestimmungen des Tarifvertrages gelten grundsätzlich nur für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die dem Arbeitgeberverband oder der Gewerkschaft angehören, die den Tarifvertrag geschlossen haben. Die tarifvertraglichen Leistungen kämen daher nur den in einer Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmern zugute.

Um eine Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer eines Betriebs zu gewährleisten, wird daher häufig durch eine sogenannte Bezugnahmeklausel in den Arbeitsverträgen die Anwendbarkeit des jeweils einschlägigen Tarifvertrages vereinbart. Damit nehmen auch die nicht in einer Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmer (sogenannte Außenseiter) wie Herr T. automatisch an den Entwicklungen der tarifvertraglichen Leistungen, wie etwa Lohnerhöhungen, teil.

Ob dies auch noch nach dem Austritt des Unternehmens aus dem Arbeitgeberverband gilt, hängt nach der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 18. April 2007, Aktenzeichen: 4 AZR 652/05) vom Datum des Arbeitsvertrags ab. Für Verträge, die bis zum 31. Dezember 2001 geschlossen wurden, soll mit Austritt des Arbeitgebers aus dem Verband die weitere automatische Umsetzung der Änderungen des Tarifvertrages in die Arbeitsverträge der Außenseiter regelmäßig enden.

Anderes soll für Arbeitsverhältnisse gelten, die nach dem 1. Januar 2002 begründet wurden. Hier soll der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsvertrag eine Bezugnahme auf den Tarifvertrag enthält, weiterhin an Verbesserungen der tariflichen Leistungen teilhaben, obwohl sein Arbeitgeber aus dem Verband ausgetreten ist.

Etwas anderes gilt nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes nur dann, wenn sich aus dem Wortlaut des Arbeitsvertrages oder den Umständen des Vertragsschlusses ergibt, dass mit dem Verbandsaustritt die Bindung an die Änderungen des Tarifvertrags enden soll. Dies ist aber in der Regel nicht der Fall. Da der Arbeitsvertrag von Herrn T. bereits im Jahr 2000 geschlossen wurde, wird seine Vergütung nicht automatisch an den erhöhten Tariflohn angepasst.

Wolfgang Strba
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt