Wer haftet für Unfall im Dienst?

Am 11.03.2010 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung  mit dem Thema „Haftet der Arbeitgeber für Schäden am Privatwagen des Arbeitnehmers, die bei dienstlich veranlassten Fahrten entstehen?“ beschäftigt.

Frau S. ist bei einem ambulanten Pflegedienst beschäftigt. Für die Fahrten zu ihren Patienten benutzt sie auf Anweisung ihres Arbeitgebers ihren eigenen Wagen. Im Januar fuhr sie, um pünktlich beim nächsten Termin zu sein, bei winterlichen Straßenverhältnissen etwas schneller und geriet mit ihrem Auto ins Schleudern. Es kollidierte mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Am Wagen entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 3000 Euro. Über eine Kaskoversicherung verfügt Frau S. nicht. Sie fragt, ob sie gegen ihren Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten hat.

Im Grundsatz haftet der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer nur dann, wenn er seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis schuldhaft, das heißt mindestens fahrlässig, verletzt hat. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da der Unfall nicht auf einem Fehlverhalten des Arbeitgebers beruht.

Unter Umständen trifft den Arbeitgeber jedoch auch eine Ersatzpflicht für Schäden des Mitarbeiters, die er nicht verschuldet hat. Dies bejaht das Bundesarbeitsgericht in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer sein eigenes Fahrzeug auf Weisung des Unternehmens benutzt. Da der Arbeitgeber den Vorteil hat, kein eigenes Fahrzeug zur Verfügung stellen zu müssen, ist es angemessen, dass er im Gegenzug das Unfallrisiko trägt.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Arbeitnehmer eine besondere Vergütung in angemessener Höhe als Gegenleistung dafür zahlt, dass das Unfallrisiko beim Arbeitnehmer verbleibt. In Betracht kommt etwa die Erstattung der Prämien für eine Vollkaskoversicherung. Der Arbeitnehmer muss sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. Dies kann zur Anspruchsminderung oder sogar zum völligen Wegfall der Ersatzpflicht führen.

Dabei gelten die Maßstäbe, wie sie die Arbeitsgerichte für die Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber entwickelt haben, entsprechend. Das bedeutet: Trifft den Arbeitnehmer nur ein Mitverschulden in Form leichtester Fahrlässigkeit, so hat der Arbeitgeber den Schaden in voller Höhe zu ersetzen. Im Fall grober Fahrlässigkeit muss der Arbeitnehmer im Regelfall die Kosten allein tragen. Im Bereich, der dazwischen liegt (mittlere Fahrlässigkeit), muss der Arbeitgeber die Kosten nur anteilig übernehmen. Der Anteil beträgt dabei nicht immer die Hälfte, sondern kann nach oben oder unten abweichen. Maßgeblich sind eine Vielzahl von Kriterien, wie etwa die Höhe des Schadens, das Einkommen des Arbeitnehmers oder sein Verhalten in der Vergangenheit.

Im Fall von Frau S. kommt es somit zunächst auf die Frage an, wie hoch der Grad ihres Verschuldens war. Dies hängt unter anderem von der Höhe der Geschwindigkeit und den Straßenverhältnissen ab. Sollte es sich um mittlere Fahrlässigkeit handeln, ist anhand aller Umstände des Falls eine Quote zu ermitteln.

Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt