Wer eine Wohnung in einem noch nicht fertiggestellten Neubaugebiet mietet, muss damit rechnen, dass es noch über längere Zeit zu Bautätigkeiten kommen wird. Die durch die Baumaßnahmen hervorgerufenen Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen rechtfertigen keine Mietminderung.
Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 06.05.2011, Az. 33 C 132/11 (50)
Das Amtsgericht hatte über folgende Frage zu entscheiden:
Ist ein Mieter, der in einem frühen Bauabschnitt eine Wohnung in einem Neubaugebiet anmietet, zu einer auch rückwirkenden Minderung der Miete berechtigt, wenn es aufgrund umfangreicher Baumaßnahmen in der Nachbarschaft zu erheblichen Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen kommt?
Die Mieterin hatte im Jahr 2005 eine Wohnung im „Frankfurter Bogen“ angemietet, einem Neubaugebiet am östlichen Rand des Frankfurter Stadtteils Preungesheim. Ab Dezember 2010 kam es – so die Mieterin – zu erheblichen Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen durch eine Großbaustelle auf dem gegenüberliegenden Grundstück. Im Oktober 2010 erklärte die Mieterin, die Miete rückwirkend ab April 2010 um 10 % zu mindern. Der Vermieter verlangte im Klagewege Zahlung der einbehaltenen Miete.
Das Amtsgericht Frankfurt stellte zunächst klar, dass das Gesetz ein „rückwirkendes Minderungsrecht“ nicht kennt. Hat die Mietsache einen Mangel, mindert sich die Miete gemäß § 536 BGB kraft Gesetzes. Zahlt der Mieter dennoch die Miete in voller Höhe weiter, stellt sich zu einem späteren Zeitpunkt lediglich die Frage, ob der Mieter die überzahlte Miete zurückverlangen kann. Dies sei jedenfalls dann problematisch, wenn die Miete ohne Vorbehalt in voller Höhe gezahlt worden sei.
Im vorliegenden Fall – so das Amtsgericht – könne sich die Mieterin jedoch nicht auf eine Mietminderung berufen. Ein Minderungsrecht entsteht nach dem Gesetz nämlich dann nicht, wenn der Mieter den Mangel der Mietsache bzw. die tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Beeinträchtigung ergibt, bei Vertragsschluss kennt
Wer – so das Amtsgericht Frankfurt – in einer frühen Bauphase in einem Neubaugebiet eine Wohnung anmietet, müsse damit rechnen, dass es noch über längere Zeit zu Bautätigkeiten in der Nachbarschaft kommt, und nehme dies billigend in Kauf. Die durch diese Bautätigkeiten hervorgerufenen Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen rechtfertigten daher keinen Mieteinbehalt.
21.12.2011
Rechtsanwältin Ellen Taufkirch
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Patrick Geiger