Haftung bei Wohnungsbrand

zu BGH, Urteil vom 19.11.2014, VIII ZR 191/13

„BGH: Mieter haftet nicht für von ihm verursachten Wohnungsbrand!“ So (oder ähnlich) lauteten die Überschriften vieler Tageszeitungen zu der oben genannten Entscheidung. Stimmt das?

Der Fall

Am 07.03.2012 kam es zu einem Brand in der Küche der angemieteten Wohnung, die zu Schäden in mehreren Räumen führte. Die 12-jährige Tochter der Mieter erhitzte Öl in einem Kochtopf und verließ zeitweise die Küche bei eingeschalteter Herdplatte. Das Öl entzündete sich.

Die Mieter meldeten den Schaden ihrem Haftpflichtversicherer, welcher jedoch meinte, dass vorrangig der Gebäudeversicherer des Vermieters verantwortlich sei. Der Vermieter lehnte jedoch eine Inanspruchnahme der Gebäudeversicherung ab, weil er befürchtete, dass die Prämie steigt. Er lehnte auch eine Beseitigung der Brandschäden ab, weil der Schaden von den Mietern schuldhaft verursacht worden sei.

Hierauf verlangten die Mieter vom Vermieter gerichtlich die Beseitigung der Brandschäden und machten Mietminderung geltend. Sie sind der Auffassung, dass der Vermieter verpflichtet sei, den Schaden über die Gebäudeversicherung zu regulieren, da sie über die Betriebskosten auch die Kosten für die Gebäudeversicherung (anteilig mit den anderen Mietern) tragen.

Die Klage hatte überwiegend Erfolg.

Zur Entscheidung

Der BGH führt zunächst aus, dass grundsätzlich der Vermieter verpflichtet ist, Mängel an der Mietsache zu beseitigen. Hierzu gehören auch Brandschäden. Sodann betont der BGH jedoch, dass die Schadensbeseitigungspflicht des Vermieters ebenso wie das Mietminderungsrecht des Mieters nach ständiger Rechtsprechung in den Fällen entfällt, in denen Schäden schuldhaft vom Mieter verursacht wurden. Damit hat der BGH gerade nicht entscheiden, dass der Mieter nicht für von ihm verursachte Schäden haftet. Es bleibt auch bei dem Grundsatz, dass ein Mietminderungsrecht wegen Mängeln, die der Mieter schuldhaft herbeigeführt hat, ausgeschlossen ist.

Dass im vorliegenden Fall der Vermieter zur Wiederherstellung der Mietsache verpflichtet war und (allerdings erst nach einem gewissen Zeitraum) der Mieter auch die Miete mindern durfte, beruht auf folgenden Erwägungen:

a)      Der Schaden war versichert.

b)      Der Mieter zahlte (anteilig) über die Betriebskosten die Versicherungsprämien.

c)       Ein Regress des Versicherers gegen den Mieter war ausgeschlossen, da der Schaden (allenfalls) durch einfache Fahrlässigkeit der Mieter verursacht wurde.

d)      Es lag auch kein besonderes Interesse des Vermieters an einem Schadensausgleich durch den Mieter vor.

Dies führt aber nicht dazu, dass der Mieter Ansprüche gegen den Gebäudeversicherer hat. Vertragspartner des Gebäudeversicherers war der Vermieter. Allein er kann Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen.

Trägt aber der Mieter die Kosten für die Gebäudeversicherung mit, soll er im Falle des Versicherungsschadens einen Anspruch gegen den Vermieter haben, dass dieser im Versicherungsfall den Schaden auch beim Gebäudeversicherer liquidiert. Im vorliegenden Fall lag „allenfalls“ (wie der BGH immer wieder in der Entscheidung betont) einfache Fahrlässigkeit der Mieter vor, weshalb der Versicherungsschutz nicht ausgeschlossen war. Auch andere Gründe, die ein besonderes Interesse des Vermieters an einem Schadensausgleich durch den Mieter begründet hätten, lagen nach Auffassung des BGH nicht vor. Insbesondere konnte der Vermieter nicht mit Erfolg einwenden, dass die Versicherungsprämie bei Inanspruchnahme des Gebäudeversicherers (im Ergebnis auch zu Lasten anderer Mieter) steigen würde.

Auf der Grundlage dieser Argumentation, insbesondere weil letztendlich die Mieter die Kosten für die Gebäudeversicherung tragen, soll der Vermieter deshalb auch verpflichtet werden, diese in Anspruch zu nehmen, wenn der Versicherungsfall eintritt. Im konkreten Fall der Realisierung eines versicherten Risikos soll die Erhaltungspflicht beim Vermieter verbleiben, wenn die Kosten von den Mietern getragen werden. Hieraus ergab sich auch ein Anspruch der Mieter auf Wiederherstellung der Mietsache.

Wenn ein solcher Anspruch besteht und der Vermieter diesem nicht nachkommt, führt dies auch zu einem Mietminderungsrecht. Dieses Minderungsrecht schränkt den BGH jedoch ein: Aufgrund des (möglichen) Verschuldens des Mieters könne er die Miete nicht – wie sonst – ab dem Zeitpunkt des Mangels mindern. Das Mietminderungsrecht entstehe nicht sofort mit dem Auftreten des Mangels (hier Brandschaden). Ein Minderungsrecht bestehe nur, wenn der Vermieter den Schaden beim versicherten Risiko nicht selbst beseitigt oder über den Versicherer reguliert. Dementsprechend wurde im konkreten Einzelfall eine Mietminderung nicht sofort mit dem Brandereignis und damit dem Auftreten des Schadens (Mangels) an der Wohnung zugesprochen, sondern erst einige Monate nach dem Brand, das heißt nach der üblichen Regulierungsfrist durch den Versicherer.

Rechtsanwältin Ellen Taufkirch
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Patrick Geiger