Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anpassung von Vorauszahlungen

Die Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen setzt nun nicht mehr nur eine den formellen Voraussetzungen entsprechende Abrechnung voraus, sondern auch deren inhaltliche Richtigkeit.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.05.2012, Az. VIII ZR 246/11

Sofern dies mietvertraglich vereinbart ist, hat der Mieter auf die Betriebskosten monatliche Vorauszahlungen zu leisten. Nach § 560 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung dieser Vorauszahlungen auf eine angemessene Höhe vornehmen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügte hierfür eine formell ordnungsgemäße Abrechnung. Auf die inhaltliche Richtigkeit kam es nicht an. Die Parteien sollten schnell Klarheit über die Anpassung der Vorauszahlungen haben. Sie sollten nicht zunächst aufwändige Streitigkeiten über die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung abwarten müssen, zumal es bei den Vorauszahlungen lediglich um vorläufige Zahlungen geht, über die im Rahmen der nächsten Jahresabrechnung ohnehin noch Rechenschaft abzulegen ist.

Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof mit dem Urteil vom 15.05.2012 ausdrücklich aufgegeben und seine Rechtsprechung geändert. Er verlangt nun für die Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen eine formell und inhaltlich korrekte Abrechnung.

Nur so könne eine möglichst realistische Bemessung des Vorauszahlungsbetrages erreicht und verhindert werden, dass bei der späteren Abrechnung ein großes Guthaben des Mieters oder eine hohe Nachforderung des Vermieters entstehen. Im Übrigen soll es dem Vermieter verwehrt sein, aufgrund einer fehlerhaften Abrechnung Vorauszahlungen in einer Höhe zu erheben, die ihm bei korrekter Abrechnung nicht zustünden. Der Vermieter soll keine Vorteile aus einer Verletzung eigener Vertragspflichten ziehen können. Wenn sich aus den Erhöhungen der Vorauszahlungen ein kündigungsrelevanter Mietrückstand ergeben würde, könnte der Vermieter das Mietverhältnis ggf. aufgrund von offenen Forderungen beenden, die ihm bei inhaltlich korrekter Abrechnung überhaupt nicht zustehen würden. Dieses Ergebnis wäre – so der Bundesgerichtshof – „mit dem durch Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Besitzrecht des Mieters an der von ihm gemieteten Wohnung als dem Mittelpunkt seiner privaten Existenz“ unvereinbar.

Eine Anpassung der Vorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB setzt daher nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine sowohl formell als auch materiell korrekte Abrechnung voraus. Etwaige zeitliche Verzögerungen bis zur Klarheit über den geschuldeten Vorauszahlungsbetrag müssten – so der Bundesgerichtshof – vor dem Hintergrund der ggf. gravierenden Auswirkungen für den Mieter hingenommen werden.

Rechtsanwältin Ellen Taufkirch
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Patrick Geiger