Am 28.04.2011 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Elternzeit für Großeltern (Großelternzeit)“ beschäftigt.
Frau H. wird in voraussichtlich zwei Monaten Großmutter. Ihre Tochter hat vor kurzem ihr 19. Lebensjahr vollendet. Sie befindet sich im letzten Jahr einer dreijährigen Berufsausbildung und wird auch nach der Geburt weiterhin mit ihren Eltern in einem Haushalt leben. Der Vater des Kindes hat sich von seiner Freundin getrennt, nachdem er von der Schwangerschaft erfahren hatte. Frau H. beabsichtigt, zunächst die Betreuung ihres Enkelkindes zu übernehmen, damit ihre Tochter die Ausbildung abschließen kann. Da sie selbst berufstätig ist, fragt sie, ob sie für diesen Zeitraum einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit hat.
Seit dem 1. Januar 2009 sieht das Gesetz auch für Großeltern die Inanspruchnahme von Elternzeit vor. Damit soll den Eltern nach einer “Teenagerschwangerschaft” geholfen werden. Die Voraussetzungen sind in § 15 Absatz 1 a des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) geregelt.
Demnach haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Elternzeit, wenn sie mit ihrem Enkelkind in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen und entweder ein Elternteil des Kindes minderjährig ist, oder ein Elternteil des Kindes sich im letzten oder vorletzten Jahr einer Ausbildung befindet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wurde und die Arbeitskraft des Elternteils im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt.
Letzteres ist bei Frau H.s Tochter der Fall. Sie hat ihre Ausbildung vor dem 18. Geburtstag begonnen. Sie befindet sich im letzten Ausbildungsjahr. Eine Berufsausbildung nimmt die Arbeitskraft in aller Regel vollständig in Anspruch. Da Frau H. mit ihrem Enkelkind in einem Haushalt leben und die Betreuung übernehmen wird, hat sie einen Anspruch auf “Großelternzeit”, das heißt auf (unbezahlte) Freistellung von der Arbeit.
Beachten muss sie, dass sie das Verlangen spätestens sieben Wochen vor Beginn (hier der Geburtstermin) schriftlich an ihren Arbeitgeber richten muss. Gleichzeitig muss Frau H. erklären, für welchen Zeitraum innerhalb von zwei Jahren die Großelternzeit in Anspruch genommen werden soll. Auch Großeltern haben die Möglichkeit, anstatt einer vollständigen Arbeitsbefreiung lediglich die Verringerung der Arbeitszeit während der Großelternzeit zu verlangen. Hierfür stellt das Gesetz (§ 15 Absatz 7 BEGG) jedoch bestimmte Voraussetzungen auf.
Insbesondere kann der Arbeitgeber die Verringerung der Arbeitszeit bei Vorliegen dringender betrieblicher Gründe verweigern. Dieses Verweigerungsrecht betrifft jedoch nur die Teilzeitarbeit während der Elternzeit für Großeltern. Einer Reduzierung der Arbeitszeit “auf null” kann der Arbeitgeber, wie auch sonst bei der Elternzeit, nicht widersprechen.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt