Am 28.01.2010 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Schichtzulage nach dem TVöD“ beschäftigt.
Frau K. arbeitet als Krankenschwester in einem Krankenhaus im Rhein-Main-Gebiet. Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt 19,5 Stunden. Frau K. leistet regelmäßig Schichtarbeit. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Unter Hinweis auf die Teilzeitbeschäftigung zahlt der Arbeitgeber Frau K. nur eine halb so hohe Schichtzulage wie den Krankenschwestern, die in Vollzeit arbeiten. Frau K. fragt, ob dies rechtens sei.
Nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (§ 8 Abs. 6 TVöD) erhalten Beschäftigte, die ständig Schichtarbeit leisten, eine monatliche Zulage in Höhe von 40 Euro. Für Teilzeitbeschäftigte gilt: Sie erhalten, soweit tarifvertraglich nichts anderes geregelt ist, das Tabellenentgelt und alle sonstigen Gehaltsbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitkräfte entspricht (§ 24 Abs. 2 TVöD). Bei der Schichtzulage handelt es sich um einen sonstigen Entgeltbestandteil. Da die Arbeitszeit von Frau K. der Hälfte einer Vollzeittätigkeit entspricht, ist dem Wortlaut des Tarifvertrages nach die Reduzierung der Zulage auf 50 Prozent gerechtfertigt.
Der Wortlaut entscheidet jedoch nicht allein über die Auslegung einer Tarifnorm. In einem weiteren Schritt sind Sinn und Zweck der Regelung zu ergründen. Die Schichtzulage soll ein finanzieller Ausgleich dafür sein, dass Schichtarbeit sich beträchtlich auf den Lebensrhythmus auswirkt. Auf den ersten Blick scheint diese Belastung Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte gleich zu treffen, so dass eine Ungleichbehandlung ungerechtfertigt sein könnte.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 24. September 2008, 10 AZR 634/07) geht jedoch davon aus, dass die Parteien, die den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst schlossen, die Belastung von Teilzeitbeschäftigten durch Schichtarbeit als geringer ansehen. Eine bloß anteilige Zahlung der Schichtzulage sei daher nicht zu beanstanden. Diesem Ergebnis steht auch nicht das Diskriminierungsverbot des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (§ 4 Abs. 1 Satz 1, TzBfG) entgegen.
Demnach darf ein Teilzeitbeschäftigter nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer Arbeitnehmer in Vollzeit. Daraus folgt: Dem Teilzeitbeschäftigten sind das Arbeitsentgelt und jede andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten entspricht. Frau K. hat daher keinen Anspruch auf eine höhere Schichtzulage.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt