Sekretärin kündigt “i.V.”

Am 26.11.2009 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung  mit dem Thema „Wer ist zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt“ beschäftigt.

Frau Q. ist als Gebäudereinigerin in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) beschäftigt. Aufgrund des Auftragsrückgangs wurde ihr mit einem Schreiben, das sie am 23. November in ihrem Briefkasten vorfand, gekündigt. Die Kündigung wurde von der Chefsekretärin in Vertretung (“i. V.”) unterzeichnet. Frau Q. fragt, ob das rechtens ist.

Die Frage, wer eine Kündigung aussprechen darf, ist von großer praktischer Bedeutung. Die Erklärung durch eine unberechtigte Person kann dazu führen, dass eine Kündigung unwirksam ist, obwohl ein Kündigungsgrund vorliegt. Arbeitnehmer wie Arbeitgeber sollten daher auf diesen Punkt ihr Augenmerk richten.

Eine GmbH wird durch einen oder mehrere Geschäftsführer vertreten. Diese sind zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt. Dabei darf ein Geschäftsführer aber nicht in jedem Fall allein kündigen. Unter Umständen ist er an die Mitwirkung eines oder mehrerer weiterer Geschäftsführer oder Prokuristen gebunden. Hierüber gibt das Handelsregister Auskunft.

Prokuristen sind ebenfalls zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt, wobei auch sie, je nach Ausgestaltung der Prokura, von der Mitwirkung eines oder mehrerer Geschäftsführer oder Prokuristen abhängig sein können.

Zudem können auch andere Personen bevollmächtigt werden, für die GmbH Kündigungen zu erklären, etwa der Personalleiter. Eher unwahrscheinlich ist, dass die Chefsekretärin über eine generelle Vollmacht verfügt. Möglicherweise wurde sie jedoch im konkreten Fall zur Unterschrift ermächtigt, etwa weil der Geschäftsführer nicht anwesend war.

Eine solche Vollmacht kann in der Tat erteilt werden. Frau Q. könnte die Kündigung gleichwohl als unwirksam zurückweisen, da dem Kündigungsschreiben keine Vollmachtsurkunde beigefügt wurde, wie sie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB, § 174) verlangt.

Die Zurückweisung muss aber “unverzüglich” erfolgen. Das Gesetz hat den Zeitrahmen nicht konkretisiert. Die Obergrenze dürfte in der Regel bei einer Woche (nach Erhalt der Kündigung) liegen, wobei es Abweichungen nach oben und unten geben kann.

Wegen dieser unsicheren Rechtslage gilt es, keine Zeit zu verlieren. Frau Q. sollte die Kündigung mangels einer beigefügten Vollmacht der Chefsekretärin zurückweisen. Dabei passieren leicht Fehler. Frau Q. sollte sich anwaltlich beraten lassen. Wird die Kündigung rechtzeitig zurückgewiesen, so führt dies aufgrund des formellen Fehlers des Arbeitgebers zur Unwirksamkeit. Der Arbeitgeber hat natürlich die Möglichkeit, die Kündigung zu wiederholen. Unter Umständen kann er die Kündigungsfrist dann aber nicht mehr einhalten.

Unbedingt zu beachten ist: Die Unwirksamkeit der Kündigung muss innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zugang per Klage vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht werden. Anderenfalls wird sie doch noch wirksam.

Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt