Vorsicht bei Beschlüssen über eilige Sanierungsmaßnahmen: BGH stellt Schadensersatzpflicht nicht zustimmender Eigentümer fest

Entspricht nur die sofortige Vornahme einer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Sanierungsmaßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung, ist für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer kein Raum.

Erleidet ein einzelner Wohnungseigentümer einen Schaden an seinem Sondereigentum, weil eine Beschlussfassung über die sofortige Vornahme derartiger Instandsetzungsmaßnahmen unterblieben ist, so trifft die Verpflichtung zum Schadensersatz nicht den rechtsfähigen Verband, sondern diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.

(amtliche Leitsätze)

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.10.2014, Az. V ZR 9/14

Der Bundesgerichtshof hatte über folgenden Fall zu entscheiden:

Durch Baumängel am Gemeinschaftseigentum kam es in der Kellergeschosswohnung der Klägerin zu einem Feuchtigkeitsschaden, der die Wohnung unbewohnbar machte. Die übrigen Miteigentümer stellten sich auf den Standpunkt, die Sanierung sei allein Sache der Klägerin. Ferner sei ihnen die Sanierung nicht zuzumuten. Sie seien bereits alt. Auch übersteige die Sanierung ihre finanzielle Leistungsfähigkeit.

Der Bundesgerichtshof stellte zunächst fest, dass die Klägerin einen Anspruch auf Durchführung der Sanierung hat.

Jeder Eigentümer habe einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung, wozu insbesondere die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums gehöre. Dabei komme den Eigentümern zwar unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Leistungsfähigkeit der Eigentümer ein Gestaltungsspielraum zu. Sei jedoch – wie im vorliegenden Fall – die sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich, entspreche nur ihre (sofortige) Vornahme billigem Ermessen. In diesem Fall habe – so der BGH – ein einzelner Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Durchführung der erforderlichen Sanierungsmaßnahme. Für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer sei dann kein Raum.

Da die Klägerin einen Anspruch auf Durchführung der Sanierung hat, hat sie nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs auch einen Anspruch gegen die übrigen Eigentümer auf Zustimmung, dass die Kosten für die Sanierung ihrer Kellergeschosswohnung – die aufgrund der Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist – nach Maßgabe der Miteigentumsanteile anteilig getragen werden.

Die Beklagten könnten auch nicht durch Beschluss gemäß § 16 Abs. 4 WEG eine alleinige Kostentragungspflicht der Klägerin regeln. Denn die Mängel beträfen den Keller und die Fundamente im Bereich des Gemeinschaftseigentums und damit konstruktive Teile des Hauses, auch wenn die Sanierung überwiegend der Kellergeschosswohnung zugutekomme.

Die Klägerin machte im zu entscheidenden Fall ferner wegen der verzögerten Sanierung Schadensersatzansprüche für die bereits eingetretenen und für zukünftige Schäden gegen die übrigen Wohnungseigentümer geltend.

Bislang war umstritten, ob die Haftung für Schäden, die durch eine unterbliebene Beschlussfassung entstehen, die Wohnungseigentümer selbst oder den rechtsfähigen Verband, d.h. die WEG, trifft.

Der Bundesgerichtshof hat nun im o.g. Urteil entschieden:

„Für die durch eine unterbliebene oder verzögerte Beschlussfassung entstehenden Schäden können … nur die Wohnungseigentümer selbst ersatzpflichtig sein, und zwar diejenigen, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.“

Die Mitwirkungspflicht der Wohnungseigentümer ergebe sich aus der gegenseitigen Treuepflicht und sei individuell und nicht gemeinschaftlich zu erfüllen.

Rechtsanwältin Ellen Taufkirch
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Patrick Geiger