Unzulässigkeit der formularvertraglichen Verlängerung der Verjährungsfrist für Ersatzansprüche des Vermieters

Eine formularvertragliche Regelung, wonach die Verjährungsfrist für Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache von 6 auf 12 Monate verlängert wird und nicht mit Rückgabe der Mietsache, sondern erst mit Beendigung des Mietverhältnisses beginnt, ist unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten des Mieters auch die Verjährungsfrist für seine Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen oder Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung von 6 auf 12 Monate verlängert wurde.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.11.2017, Az.: VIII ZR 13/17

Nach der gesetzlichen Regelung des § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB verjähren Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in einer kurzen Frist von lediglich sechs Monaten. Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, zu dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält.

Diese Frist ist kurz bemessen. Der Vermieter muss innerhalb von nur sechs Monaten nach Rückgabe den Zustand der Mietsache prüfen bzw. von einem Fachmann prüfen lassen und dokumentieren. Er muss den Mieter ggf. anschreiben und unter Fristsetzung zur Beseitigung der Veränderungen / Verschlechterungen der Mietsache auffordern. Hierfür muss der Vermieter u.U. noch die neue Anschrift des Mieters ermitteln. Ist der Mieter nicht kooperativ, muss ebenfalls noch innerhalb der 6 Monate Klage gegen ihn erhoben bzw. ein Mahnverfahren gegen ihn eingeleitet werden.

Vermutlich um diesen Schwierigkeiten vorzubeugen, nahm der Vermieter in dem vom BGH zu entscheidenden Fall eine Regelung in den von ihm verwendeten Formularmietvertrag auf, wonach

  • die Verjährungsfrist für Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache 12 Monate betragen sollte (statt 6 Monaten nach § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB) und
  • die Verjährungsfrist mit Beendigung des Mietverhältnisses beginnen sollte (statt mit Rückgabe der Mietsache gemäß § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Im Gegenzug wurde dem Mieter zugebilligt, dass auch seine Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen oder Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung erst nach 12 Monaten verjähren (nicht bereits nach 6 Monaten, wie gesetzlich in § 548 Abs. 2 BGB vorgesehen).

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 08.11.2017 entschieden, dass die formularvertragliche Regelung sowohl im Hinblick auf die Verdoppelung der Verjährungsfrist zugunsten des Vermieters als auch im Hinblick auf die Veränderung des Beginns der Verjährungsfrist unwirksam ist. Die Regelung verstoße gegen wesentliche Grund- und Gerechtigkeitsgedanken der gesetzlichen Regelung in § 548 BGB und führe zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters.

1. Unwirksamkeit der Verdopplung der Verjährungsfrist

Die Verjährungsvorschriften und damit auch § 548 BGB dienten dem Zweck, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit durch eine möglichst rasche Klärung der Ansprüche zu gewährleisten. Eine Verlängerung der Verjährungsfrist für die Ansprüche des Vermieters sei sachlich nicht gerechtfertigt. Es sei nicht ersichtlich, dass die im Gesetz vorgesehene Frist von 6 Monaten nicht ausreichend sei.

Auch sei die kurze Verjährungsfrist durch berechtigte Interessen des Mieters begründet. Der Mieter verliere ab der Rückgabe den Zugriff auf die Mietsache und könne dann keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen. Auch nehme das Erinnerungsvermögen etwaiger Zeugen mit der Zeit deutlich ab. Eine Verdoppelung der Verjährungsfrist führe daher zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Mieterinteressen und widerspreche dem Gesetzeszweck einer möglichst raschen Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.

Die formularvertragliche Verlängerung der Verjährungsfrist ist daher nach der Entscheidung des BGH unwirksam. Daran ändere auch die in der mietvertraglichen Regelung vorgesehene spiegelbildliche Verlängerung der Verjährungsfrist für die Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen und Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung nichts. Diese stelle keine ausreichende Kompensation für den Mieter dar.

2. Unwirksamkeit der Veränderung des Verjährungsbeginns

Die Regelung sei – so der BGH – auch deshalb unwirksam, weil der Zeitpunkt des Beginns der Verjährungsfrist für den Vermieter dahingehend verändert worden sei, dass maßgeblich nicht der Rückerhalt der Mietsache, sondern die Beendigung des Mietverhältnisses sei. Im zu entscheidenden Fall kam es hierauf an, weil die Wohnung freiwillig 2 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses zurückgegeben worden war.

Die Verschiebung des Verjährungsbeginns beeinträchtige die berechtigten Interessen des Mieters. Der Vermieter könne ab dem Zeitpunkt der Rückgabe die Mietsache untersuchen und das Bestehen etwaiger Ansprüche prüfen. Der Mieter hingegen könne nur bis zur Rückgabe „beweissichere Feststellungen“ zu dem Zustand der Mietsache treffen.

Der BGH urteilte daher, dass es nicht interessensgerecht sei, den Verjährungsbeginn entgegen der gesetzlichen Regelung von der rechtlichen Beendigung des Mietverhältnisses abhängig zu machen statt von der Rückgabe der Mietsache. Die formularvertragliche Regelung sei daher auch vor diesem Hintergrund unwirksam.

Vermietern ist vor diesem Hintergrund unbedingt anzuraten, die 6-Monats-Frist des § 548 BGB zur Wahrung ihrer Ansprüche einzuhalten. Dies gilt auch, wenn der Formularmietvertrag eine Klausel wie die oben genannte oder – vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Erwägungen des BGH in seinem Urteil vom 08.11.2017 – eine ähnliche Klausel zur Verlängerung der Verjährungsfrist enthält.

18.12.2017

Ellen Taufkirch
angestellte Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Patrick Geiger
angestellter Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

 

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