Am 14.11.2013 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Videoüberwachung am Arbeitsplatz – Datenschutz im Arbeitsverhältnis“ beschäftigt.
Frau B. arbeitete für einen Lebensmittelgroßhändler. Sie stellt Waren zusammen, die anschließend an Kunden ausgeliefert werden. Die Halle, in der die Ware lagert und in der sich die Arbeitsplätze von Frau B. und zwanzig ihrer Kollegen befinden, wird ununterbrochen videoüberwacht, die Bilder werden aufgezeichnet. Der Arbeitgeber begründet die Kontrolle damit, dass er Diebstählen vorbeugen wolle. Die Leserin fragt, ob die Überwachung zulässig sei.
Die Videoüberwachung greift in das “allgemeine Persönlichkeitsrecht” ein, das seine Grundlage in den Artikeln 1 (Schutz der Menschenwürde) und 2 (Schutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit) des Grundgesetzes findet. Zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört unter anderem das Recht am eigenen Bild. Jeder soll selbst darüber entscheiden dürfen, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und genutzt werden.
Dieses Recht besteht jedoch nicht schrankenlos. Überwiegend schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers können einen Eingriff rechtfertigen. Es ist in jedem Einzelfall eine Güterabwägung nötig, um entscheiden zu können, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Überwachung Vorrang verdient oder der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Mitarbeiters. Die Maßnahme muss der Verfolgung eines legitimen Zwecks dienen und hierfür geeignet sein. Der Arbeitgeber hat ein anerkennenswertes Interesse daran, Diebstähle zu verhindern oder aufzuklären. Die ununterbrochene Videoüberwachung stellt ein taugliches Mittel dar.
Des Weiteren darf kein milderes, das Persönlichkeitsrecht weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung stehen. Es wäre daher zu prüfen, ob Diebstählen durch Taschenkontrollen ebenso wirksam begegnet werden könnte.
Unzulässig ist eine permanente Videoüberwachung, wenn sie sich auf einen Generalverdacht stützt, nach dem Motto: Die Arbeitnehmer könnten, wenn sie nicht kontrolliert werden, stehlen. Besteht hingegen ein konkreter, auf Tatsachen gestützter Diebstahl-Verdacht, können Filmaufnahmen gerechtfertigt sein. Gegebenenfalls kann sogar eine heimliche Videoüberwachung zulässig sein, wenn andere Möglichkeiten der Ermittlung ausgeschöpft sind. Ob im vorliegenden Fall die Überwachung gerechtfertigt ist, hängt somit auch davon ab, ob ein konkreter Diebstahl-Verdacht besteht.
Aber selbst wenn dies der Fall sein sollte, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die kontinuierliche Kontrolle sämtlicher Personen, die in der Halle tätig sind. Es kann vom Arbeitgeber verlangt werden, dass er seine Kontrolle auf bestimmte Personen, gegen die sich der Verdacht richtet, beschränkt, um Unbeteiligte nach Möglichkeit zu schonen. Besteht ein Betriebsrat, so hat dieser ein Mitbestimmungsrecht bei diesem Thema.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt