Am 05.11.2009 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Bis wann muss eine Krankmeldung erfolgen und in welchen Fällen muss eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden?“ beschäftigt.
Herr M. arbeitet als Lagerist in einem Großhandelsunternehmen. Er leidet unter Bandscheibenproblemen und fehlt daher häufiger. Am 12. Oktober hatte Herr M. so starke Rückenschmerzen, dass er beschloss, vor Arbeitsantritt zum Arzt zu gehen. Der Arzt schrieb ihn bis einschließlich 16. Oktober krank. Wegen langer Wartezeiten beim Arzt hat Herr M. seinen Arbeitgeber erst am frühen Nachmittag davon in Kenntnis gesetzt. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung versandte er mit der Post. In der folgenden Woche erhielt Herr M. eine Abmahnung. Der Vorwurf: Er habe sich zu spät krankgemeldet. In einem Begleitschreiben wird Herr M. zudem aufgefordert, zukünftig bereits am ersten Tag der Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Herr M. fragt, ob beides rechtsmäßig ist.
Die Anzeige- und Nachweispflichten im Fall der Erkrankung sind im Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 5 EFZG) geregelt. Demnach muss der Mitarbeiter die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilen.
Der Arbeitnehmer muss den Arbeitgeber so schnell informieren, wie es im konkreten Fall möglich ist, das heißt in der Regel spätestens zu Beginn der Arbeitszeit am ersten Krankheitstag. Besteht die Erkrankung bereits an freien Tagen, etwa im Urlaub, und ist absehbar, dass sie darüber hinaus fortdauert, muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber bereits am ersten Tag der Erkrankung informieren. Als Adressat der Krankmeldung verlangt das Gesetz eine autorisierte Person, je nach Lage des Falls ist das die Personalabteilung oder der Vorgesetzte. Es genügt nicht, den Pförtner oder einen Mitarbeiter in der Telefonzentrale zu informieren.
Will der Arbeitnehmer zunächst einen Arzt aufsuchen, so hat er dies ebenfalls rechtzeitig mitzuteilen. Nach dem Arztbesuch sind die Angaben, etwa auch hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit, zu präzisieren. Herr M. ist somit seiner Mitteilungspflicht nicht nachgekommen. Der Arbeitgeber durfte ihm daher eine Abmahnung aussprechen. Zu beachten ist, dass die wiederholte Verletzung der Mitteilungspflicht unter Umständen sogar eine Kündigung rechtfertigen kann.
Nach der gesetzlichen Bestimmung ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst dann vorzulegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert. Die Bescheinigung muss dann am ersten Arbeitstag, der auf die drei Kalendertage folgt, vorgelegt werden. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer an diesem (vierten Tag) hätte arbeiten müssen, sondern ob an diesem Tag überhaupt im Betrieb gearbeitet wird.
Allerdings räumt das Gesetz dem Arbeitgeber das Recht ein, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch für kürzere Erkrankungen zu verlangen, also für solche, die nicht länger als drei Tage dauern. Und er kann darauf bestehen, dass ihm die Bescheinigung bereits am ersten Arbeitstag vorgelegt wird. Eine solche Anordnung kann der Arbeitgeber sowohl für einzelne Arbeitnehmer treffen als auch für die gesamte Belegschaft – im zweiten Fall unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates. Auch besteht die Möglichkeit, eine entsprechende Verpflichtung in den Arbeitsvertrag aufzunehmen.
Herr M. muss somit bei zukünftigen Erkrankungen sofort einen Arzt aufsuchen, sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geben lassen und diese noch am ersten Tag vorlegen. Versäumt er dies, verletzt er seine arbeitsrechtlichen Pflichten. Eine Abmahnung und im Wiederholungsfall unter Umständen sogar eine Kündigung können die Folge sein.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt