Schadenersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs

In einer aktuellen Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof mit Schadensersatzansprüchen wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs befasst und dazu festgestellt:

Wenn der Vermieter zugunsten eines Familienangehörigen eine Eigenbedarfskündigung ausspricht, kann ein vorgeschobener Eigenbedarf auch dann vorliegen, wenn der Familienangehörige zwar tatsächlich einzieht, der Vermieter aber schon seit längerem Verkaufsabsichten hat und die Wohnung dem Familienangehörigen überlässt, um diesen im Verkaufsfalle leichter zum Auszug bringen zu können als den vorherigen Mieter.

Ein Schadensersatzanspruch des Mieters gegen den Vermieter wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs wird durch einen Räumungsvergleich zwischen Mieter und Vermieter nicht ohne weiteres ausgeschlossen.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.05.2016, Az. VIII ZR 214/15

Die Kläger, die ehemaligen Mieter eines Wohnhauses des Beklagten, haben den Beklagten auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen.

Der Beklagte hatte das Mietverhältnis mit den Klägern unter Berufung auf Eigenbedarf für seinen Neffen gekündigt. Im Räumungsprozess schlossen die Parteien einen Räumungsvergleich, in dem sich die Kläger zum Auszug verpflichteten. Streitig blieb, ob und wie lange der Neffe nach Auszug der Kläger tatsächlich in das Haus eingezogen ist. Jedenfalls veräußerte der Beklagte die Liegenschaft rund ein dreiviertel Jahr nach Auszug der Kläger an einen Dritten.

Der Bundesgerichtshof hat nicht in der Sache entschieden, sondern das Verfahren zur Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Er hat jedoch auf folgende Punkte hingewiesen:

1.

Der Einwand der ehemaligen Mieter, dass es dem Vermieter bei Ausspruch der Eigenbedarfskündigung nur darum gegangen sei,

–  „das Objekt zur Erzielung eines höheren Kaufpreises zu entmieten“ und er eine

–  „gewinnorientierte Verkaufsabsicht“

bereits bei Ausspruch der Eigenbedarfskündigung gehabt habe, ist erheblich und vom Gericht zu berücksichtigen. Das gelte – so der Bundesgerichtshof – selbst dann, wenn der Vermieter der in der Eigenbedarfskündigung genannten Bedarfsperson den Wohnraum dann tatsächlich zur Miete überlässt, allerdings in der Erwartung, diese im Falle eines Verkaufes ohne Schwierigkeiten dazu bewegen zu können, wieder auszuziehen.

2.

Auch die Tatsache, dass die ehemaligen Mieter sich in einem gerichtlichen Räumungsvergleich zum Auszug verpflichtet hatten, schließe einen Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs nicht aus. Dies sei grundsätzlich nur dann der Fall, wenn in dem Vergleich derartige Schadensersatzansprüche ausdrücklich mitabgegolten seien. An einen stillschweigenden Verzicht auf derartige Ansprüche seien strenge Anforderungen zu stellen. Der Verzichtswille müsse unmissverständlich sein, so z.B. wenn sich der Vermieter zur Erbringung einer substantiellen Gegenleistung verpflichtet habe.

14.06.2016

Rechtsanwältin Ellen Taufkirch
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Patrick Geiger