Sanktionen bei Unpünktlichkeit

Am 01.11.2007 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung  mit dem Thema „unpünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz und mögliche Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung)“ beschäftigt.

Sanktionen bei Unpünktlichkeit – Frau T. aus Hanau ist in der vergangenen Woche aufgrund des Lokführerstreiks rund zwei Stunden zu spät zur Arbeit in Frankfurt-Niederrad gekommen. Ihr Arbeitgeber will ihr das Gehalt entsprechend kürzen und hat für den Fall, dass sie noch einmal zu spät kommen sollte, eine Abmahnung angedroht. Frau T. findet dies ungerecht, da nicht sie persönlich, sondern der Lokführerstreik für ihr Zuspätkommen verantwortlich sei. Sie fragt, ob das Verhalten ihres Arbeitgebers rechtens sei.

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz: “Ohne Arbeit kein Lohn.” Von diesem Grundsatz gibt es jedoch einige Ausnahmen, etwa den Anspruch auf bezahlten Urlaub oder auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ob der Arbeitnehmer bei Unpünktlichkeit einen Anspruch auf Vergütung hat, hängt vom Grund der Verspätung ab.

Beruht die Verspätung auf objektiven Verhinderungsgründen, die einen größeren Kreis von Personen gleichermaßen betreffen, so geht dies zu Lasten des Arbeitnehmers. Man spricht vom “allgemeinen Wegerisiko”.

Hierzu zählen außer Streiks etwa auch schlechte Witterungsverhältnisse. In diesem Fall verliert der Arbeitnehmer seinen Gehaltsanspruch für den Zeitraum der Abwesenheit. Dies gilt unabhängig davon, ob den Arbeitnehmer ein Verschulden an der Verspätung trifft oder nicht.

Anders verhält es sich, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die allein in seiner Person liegen und die er nicht selbst verschuldet hat, nicht pünktlich zur Arbeit kommen kann. Ein solcher Grund ist etwa ein unverschuldeter Verkehrsunfall auf dem Weg zur Arbeit. In einem solchen Fall muss der Arbeitnehmer grundsätzlich keine Gehaltskürzung in Kauf nehmen.

Die Kürzung des Gehaltes durch den Arbeitgeber der Frau T. wäre somit rechtmäßig, da ein Streik für das Zuspätkommen ursächlich war. Um eine Kürzung zu verhindern, sollte Frau T. das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber suchen und ihm anbieten, die versäumte Zeit nachzuarbeiten.

Diese Möglichkeit besteht allerdings nur, wenn die Art der Arbeit und die Betriebsorganisation ein Nacharbeiten zulassen. Dies dürfte etwa bei Büroangestellten häufig der Fall sein. Bei Fließbandarbeitern in der Produktion funktioniert ein Nacharbeiten aber in der Regel nicht.

Ob die Verspätung eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung rechtfertigt, hängt davon ab, ob dem Arbeitnehmer sein Fernbleiben vorgeworfen werden kann. Der Arbeitnehmer hat alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen. Er muss gegebenenfalls auf andere Verkehrsmittel umsteigen oder früher losfahren. Anderenfalls verletzt er schuldhaft seine arbeitsvertraglichen Pflichten, was Sanktionen wie die Abmahnung und im Wiederholungsfall sogar die Kündigung nach sich ziehen kann.

Frau T. sollte daher nach Möglichkeiten suchen, um zukünftig trotz Streiks bei der Bahn rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Lassen sich Verspätungen trotz aller Bemühungen nicht vermeiden, so wird eine Abmahnung nicht gerechtfertigt sein.

In dieser außergewöhnlichen Situation sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber versuchen, gemeinsam eine vernünftige Lösung zu finden, die den beiderseitigen Interessen Rechnung trägt.

Wolfgang Strba
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt