Am 07.05.2009 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Arbeitslosengeld trotz unwirksamer Kündigung (Gleichwohlgewährung)“ beschäftigt.
Herr F. hat im Dezember 2008 von seinem Arbeitgeber die Kündigung erhalten. Diese erfolgte unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 30. März 2009. Allerdings akzeptiert Herr F. die Kündigung aus anderen Gründen nicht und befindet sich jetzt mit seinem Arbeitgeber in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht über deren Wirksamkeit. Das Problem: Bis Ende März hat Herr F. noch Gehalt bekommen. Im April hat sein Arbeitgeber die Zahlung eingestellt. Herr F. fragt, wie er jetzt seinen Lebensunterhalt sichern kann.
Sollte sich die Kündigung als unwirksam erweisen, so hätte Herr F. einen Anspruch auf das in der Zwischenzeit aufgelaufene Gehalt. Man spricht hier vom sogenannten Annahmeverzugslohn. Da es jedoch in der Regel eine erhebliche Zeit dauert, bis eine Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung ergangen ist, müsste Herr F. auch so lange warten, bis er seinen Annahmeverzugslohn durchsetzen könnte.
Um diese Zeit finanziell zu überbrücken, kann Herr F. Arbeitslosengeld beantragen – das sind 60 Prozent vom letzten Nettogehalt bei einem Arbeitnehmer ohne Kind oder 67 Prozent bei einem Arbeitslosen mit mindestens einem unterhaltspflichtigen Kind. In Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes geht der Gehaltsanspruch automatisch auf die Bundesagentur für Arbeit über. Diese kann das anteilig gezahlte Gehalt dann, wenn sich die Kündigung als unwirksam erweist, vom Arbeitgeber zurückverlangen. Die Differenz zwischen Arbeitslosengeld und vollem Gehalt bleibt Herrn F. als Anspruch an den Arbeitgeber erhalten.
Allerdings hat der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen ein Problem. Die Bundesagentur für Arbeit ist nämlich nicht verpflichtet, den Anspruch auf Fortzahlung des Gehaltes gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen. Sieht sie hiervon ab, hat das für den Arbeitnehmer konkret zur Folge, dass sich im Falle späterer Arbeitslosigkeit der Zeitraum, in dem das sogenannte Arbeitslosengeld I gezahlt wird, um die bereits gezahlten Monate verkürzt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bundesagentur für Arbeit Zahlungen vom Arbeitgeber erhält.
Vor diesem Hintergrund kann die Klage des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber geboten sein, mit der dieser zur Zahlung an die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet wird. Der Arbeitnehmer macht dann im eigenen Namen ein Recht der Bundesagentur für Arbeit geltend. Man spricht in diesem Fall von einer “gewillkürten Prozessstandschaft”.
Voraussetzung für eine solche Vorgehensweise sind die Ermächtigung des Berechtigten, in diesem Fall die Bundesagentur für Arbeit, und ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Arbeitnehmers.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 19. März 2008 (5 AZR 432/07) entschieden, dass ein solches schutzwürdiges Interesse des Arbeitnehmers vorliegt. Denn eine Zahlung an die Bundesagentur für Arbeit verhindere eine Minderung der Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld und verbessere somit die Rechtsstellung des Arbeitnehmers.
Herr F. beziehungsweise sein Rechtsanwalt sollten daher bei der Bundesagentur für Arbeit um eine Ermächtigung nachsuchen, damit deren Ansprüche eingeklagt werden können.
Erweist sich die Klage des Arbeitnehmers wegen Unwirksamkeit der Kündigung später als begründet und hat der verurteilte Arbeitgeber in der Zeit des Rechtsstreits an die Behörde gezahlt, so bleibt Herrn F. für die Zukunft ein ungeschmälerter Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt