Erst gekündigt, dann bereut

Am 24.09.2009 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung  mit dem Thema „fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer“ beschäftigt.

Der Arbeitgeber von Herrn O. hat aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage das Gehalt in den vergangenen Monaten häufig erst mit Verspätung gezahlt. Da Herr O. Aussicht auf einen neuen Arbeitsplatz hat, nimmt er die am 4. September immer noch ausstehende Zahlung des Augustgehaltes zum Anlass, sein Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen. Er übersendet per Post ein Kündigungsschreiben und bleibt ab sofort der Arbeit fern – eine Entscheidung, die er in dem Moment bereut, als sich herausstellt, dass aus dem neuen Job nichts wird. Daraufhin teilt er seinem bisherigen Arbeitgeber mit, dass er die Kündigung zurücknehme und weiterarbeiten möchte. Sein früherer Chef ist jedoch nach dem Verhalten von Herrn O. nicht mehr willens, ihn weiterzubeschäftigen. Er ist der Ansicht, dass die Eigenkündigung wirksam und das Arbeitsverhältnis somit beendet sei.

Bei der Kündigung handelt es sich um eine rechtliche Erklärung, die nicht einseitig rückgängig gemacht werden kann. Ist diese wirksam, so führt sie zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Kündigende, der seine Entscheidung bereut, ist darauf angewiesen, dass die andere Partei der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses zustimmt.

Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass Herr O. eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat. Die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung hängt davon ab, ob ein wichtiger, das heißt ein besonders gravierender Grund vorliegt. Dies gilt nicht nur für Kündigungen, die der Arbeitgeber ausspricht, sondern auch für Arbeitnehmerkündigungen.

Ob der Verzug mit der Gehaltszahlung am 4. September dem Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung gibt, ist sehr zweifelhaft. Es spricht vieles dafür, dass Herr O. seinem Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung hätte aussprechen müssen. Das Fehlen eines wichtigen Grundes führt an sich zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. Demnach könnte das Arbeitsverhältnis fortbestehen. Dies ist infolge der Reaktion des Arbeitgebers von Herrn O. jedoch nicht der Fall.

Dass die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitnehmers vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängt, dient den Interessen des Arbeitgebers. Dieser soll davor geschützt werden, von einem Tag auf den anderen einen Arbeitnehmer zu verlieren. Dem Arbeitgeber steht es jedoch frei, ob er sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen will oder diese akzeptiert.

Im letzten Fall kann sich der Arbeitnehmer nicht darauf berufen, dass er nicht hätte kündigen können. Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 12. März 2009, 2 AZR 894/07) sieht ein Berufen des Arbeitnehmers auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Kündigung in aller Regel als Verstoß gegen Treu und Glauben an, da er sich zu seinem eigenen früheren Verhalten in Widerspruch setzt. Der Arbeitgeber dürfe nicht, so das BAG wörtlich, zum “Spielball der Entschlüsse” seines Vertragspartners gemacht werden.

Hat sich der Arbeitnehmer ernsthaft und endgültig entschlossen, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, so muss er sich hieran festhalten lassen. Dabei sei, so das BAG, auch zu berücksichtigen, dass das Schriftformerfordernis für Kündigungen den Arbeitnehmer vor übereilten Entscheidungen schütze.

Durch die Kündigung von Herr O. wurde das Arbeitsverhältnis somit beendet, ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung besteht nicht.

Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt