Entscheidungen aus der Region Frankfurt und Rhein-Main 4/16

OLG Frankfurt: Verbauter Skyline-Blick als nachvertragliche Pflichtverletzung des Bauträgers

Die Kläger erwarben auf der Grundlage eines umfangreichen bebilderten Verkaufsprospekts mit dem Titel „Skyline-Wohnkonzept“ eine Eigentumswohnung von dem beklagten Bauträger. In dem Verkaufsprospekt war der unverbaubare Skyline-Blick angepriesen. Nach Vertragsschluss und Übergabe errichtete der Bauträger jedoch eine weitere Bebauung, die dazu führte, dass der Skyline-Blick von der Wohnung der Kläger aus erheblich beeinträchtigt wurde. Die Kläger verlangten daraufhin die Rückabwicklung des Bauträgervertrages. Zu Recht, urteilte das OLG Frankfurt. Die sichtbehindernde Bebauung durch den Bauträger stelle eine nachvertragliche Pflichtverletzung dar, die die Kläger zur Rückabwicklung des Kaufvertrages berechtige.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12.11.2015, Az. 3 U 4/14

Zuvor: Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 25.11.2013, Az. 2-26 O 215/11

 

AG Frankfurt: Belegeinsicht in Begleitung

Der Mieter sei – so das Amtsgericht Frankfurt – grundsätzlich berechtigt, sich bei der Belegeinsicht von einem Dritten begleiten zu lassen. Der Vermieter sei daher nicht zur Verweigerung der Belegeinsicht berechtigt, wenn der Mieter zur Belegeinsicht mit zwei Männern erscheint, die dem Vermieter „nicht sehr vertrauenerweckend erschienen“.

Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.12.2015, Az. 33 C 2580/15 (93)

 

AG Frankfurt: Kündigung eines Garagenmietvertrages bei Vermietung von Wohnung und Garage

In dem zu entscheidenden Fall war an den Mieter eine Wohnung nebst einer Garage auf demselben Grundstück vermietet worden. Für die Vermietung der Garage wurde ein gesondertes Mietvertragsformular verwendet, in dem eine Regelung enthalten war, wonach der Mieter sein Einverständnis damit erklärt, dass die Garage separat gekündigt werden kann. Der Vermieter kündigte sodann Wohnungs- und Garagenmietvertrag. Obwohl das Gericht die Kündigung der Wohnung als unwirksam ansah, ging es von der Wirksamkeit der Kündigung des Garagenmietvertrages aus. Es könne dahinstehen, ob es sich bei dem Garagenmietvertrag um ein rechtlich selbständiges Mietverhältnis handele, da sich der Mieter im Garagenmietvertrag ausdrücklich einverstanden erklärt hatte, dass der Vermieter diesbezüglich zur gesonderten Kündigung berechtigt ist.

Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.03.2016, Az. 33 C 3331/15 (50)

 

LG Fulda: Umdeutung einer unwirksamen Befristung in einen beiderseitigen befristeten Kündigungsverzicht

Wenn eine Befristung eines Wohnraummietvertrages gemäß § 575 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist (hier wegen nicht genügender Darlegung des Eigenbedarfs), können die Vertragserklärungen der Parteien in einen beiderseitigen befristeten Verzicht auf eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn der Mieter bei Vertragsschluss sein Interesse an einem längerfristigen Bestand des Mietverhältnisses zum Ausdruck gebracht hat.

Landgericht Fulda, Urteil vom 20.11.2015, Az. 1 S 106/15

Zuvor: Amtsgericht Fulda, Urteil vom 23.07.2015, Az. 32 C 96/15 (B)

Anmerkung: Das Landgericht Fulda folgt mit dieser Entscheidung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 11.12.2013, Az. VIII ZR 235/12).

 

AG Frankfurt: Mitmieterschaft bei Ehegatten

Die Ehefrau des Mieters, die nicht im Mietvertrag steht und den Mieter erst nach Vertragsschluss geheiratet hat, wird nach ihrem Einzug in die Wohnung nicht schon dadurch zur Mitmieterin, dass sie sich an der Zahlung der Miete beteiligt und in der Korrespondenz mit dem Vermieter wiederholt angesprochen wurde. Vielmehr sind für einen nachträglichen Eintritt in einen bestehenden Mietvertrag übereinstimmende Willenserklärungen aller Beteiligten erforderlich.

Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.01.2016, Az. 33 C 3834/14 (50)

 

AG Kassel: einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung

Der Antragsteller verlangte im Wege einer einstweiligen Verfügung von der WEG-Verwaltung die Unterlassung der Durchführung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung. Es fehle an einem Anlass für die Durchführung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung, da der in der Einladung genannte Grund des Ausgleichs eines Liquiditätsengpasses nicht existiere.

Das Amtsgericht Kassel hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zum einen sei der WEG-Verwalter der falsche Antragsgegner. Der vorbeugende Antrag auf Unterlassung einer Beschlussfassung könne sich nur gegen dieselbe Person richten, gegen die auch eine Beschlussanfechtungsklage zu richten sei. Dies seien gemäß § 46 WEG die übrigen Eigentümer und nicht die Verwaltung. Im Übrigen habe der Antragsteller nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die außerordentliche Eigentümerversammlung ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche. Gerade bei Meinungsverschiedenheiten sei es sachgerecht, eine Entscheidung der Wohnungseigentümer herbeizuführen.

Amtsgericht Kassel, Beschluss vom 25.11.2015, Az. 803 C 4964/15

 

LG Frankfurt: WEG-Beschluss über Begutachtung und Sanierung

Jedenfalls dann, wenn zwischen den Eigentümern einer WEG im Hinblick auf einen Schaden streitig ist, welchen Umfang dieser hat und von wem er verursacht wurde, entspricht ein Beschluss, in dem die Begutachtung zusammen mit der Sanierung beschlossen wird, nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Nach ständiger Rechtsprechung ist in derartigen Fällen nach einem abgestuften Verfahren vorzugehen. So sind zunächst die Schadensursache und der Handlungsbedarf zu ermitteln. Dann sind Kostenschätzungen/Kostenvoranschläge einzuholen und danach ist erst über die Sanierung zu beschließen.

Landgericht Frankfurt am Main, Beschlüsse vom 19.11.2015 und 26.01.2016, Az. 2-09 S 17/14

Zuvor: Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.01.2014, Az. 33 C 1896/13-29

 

Ellen Taufkirch
angestellte Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Patrick Geiger
angestellter Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

 

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