Entscheidungen aus der Region Frankfurt und Rhein-Main 01/19

Kinderlärm als Kündigungsgrund

Grundsätzlich sind von Kindern ausgehende Lärmbeeinträchtigungen sozialadäquat und damit hinzunehmen. Sogar das Bundesimmissionsschutzgesetz regelt in § 22 Abs. 1 a BImSchG, dass von Kindern hervorgerufene Geräuscheinwirkungen „im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung“ darstellen.

Etwas anderes kann bei häufigen erheblichen Geräuschemissionen an Wochenenden, Feiertagen oder zu Nachtzeit gelten. Ist Kinderlärm nicht mehr sozialadäquat, kann er sogar zur ordentlichen Kündigung berechtigen. Die Vorlage von Lärmprotokollen ist nicht erforderlich, wenn grundsätzlich dargelegt wird, welche Art von Belästigung zu welcher Tages- bzw. Nachtzeit über welche Zeitdauer und Frequenz angefallen ist.

Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.09.2018, Az. 2-11 S 155/18


Abmahnung auch bei massivem Polizeieinsatz mit Hausdurchsuchung erforderlich

Weniger großzügig für die Vermieter urteilte das Landgericht Frankfurt im Falle einer Kündigung wegen eines massiven Polizeieinsatzes mit Hausdurchsuchung sowie der unbefugten Überlassung der Wohnung an Dritte. Der Vermieter hatte das Mietverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich fristgemäß gekündigt, nachdem er erfahren hatte, dass in der 2-Zimmer-Wohnung entgegen den Angaben der Mieterin nicht eine Person, sondern sechs Personen wohnten und es zudem zu einem massiven Polizeieinsatz mit Hausdurchsuchung gekommen war.

Der Vermieter habe – so das Landgericht Frankfurt – keinen Räumungsanspruch. Eine Kündigung wäre erst nach vorheriger Abmahnung zulässig gewesen. Eine Abmahnung sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich gewesen. Dies gelte auch, soweit die Kündigung auf den Polizeieinsatz gestützt worden sei. Es erscheine „jedenfalls nicht ausgeschlossen“, dass die Mieter nach Ausspruch einer Abmahnung solches Verhalten unterlassen hätten, das einen erneuten Polizeieinsatz hervorrufen könne. Im Übrigen erscheine ein einziger Polizeieinsatz während der 38jährigen Mietdauer auch nicht so schwerwiegend, dass eine sofortige Vertragsbeendigung berechtigt sei. Die „Schwelle der Erheblichkeit“ sei dadurch noch nicht erreicht. Gleiches gelte auch für die Täuschung über die tatsächliche Anzahl der Bewohner.

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 15.11.2018, Az. 2-11 S 162/18

Anmerkung: Das Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 15.05.2018, Az. 33 C 3670/17 (29), hatte die Kündigung für wirksam gehalten.


Notwendigkeit außergerichtlicher Streitschlichtung im Nachbarrecht

Die Beklagten hatten übergangsweise das Fallrohr an ihrem Haus in einigem Abstand zur Hauswand auf ihr Grundstück geleitet, so dass das Niederschlagswasser zur Versickerung ins Erdreich geleitet wurde. Der Kläger behauptete, dadurch sei Sickerwasser auf sein benachbartes Grundstück gelangt und habe dort zu Feuchtigkeitsschäden im Kellerbereich geführt. Er verlangte einen Kostenvorschuss für die Behebung der Feuchtigkeitsschäden und die Erstattung der Kosten für ein von ihm eingeholtes privates Gutachten.

Das Gericht beschäftigte sich zunächst mit der Frage, ob die Klage überhaupt zulässig ist oder ob der Kläger vor Klageerhebung eine außergerichtliche Streitschlichtung hätte durchführen müssen. Nach § 15 a EGZPO in Verbindung mit § 1 HSchlG (Hessisches Gesetz zur Regelung der außergerichtlichen Streitschlichtung) muss ein solches Verfahren in bestimmten, dort geregelten Fällen zwingend vor der Erhebung einer Klage durchgeführt werden.

In dem vom Landgericht zu entscheidenden Fall musste aber keine außergerichtliche Streitschlichtung durchgeführt werden, weil der Anspruch mit der Verletzung nachbarrechtlicher Pflichten begründet wurde (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2009, Az. V ZR 69/08).

Die Klage hatte für den Eigentümer dennoch keinen Erfolg. Er konnte nicht beweisen, dass die Feuchtigkeitsschäden an seinem Keller durch das abgeleitete Regenwasser der Nachbarn verursacht worden waren.

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.08.2018, Az. 2-01 O 41/13

Schweigen zu baulicher Veränderung ist keine Zustimmung

In einer aus zwei Parteien bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft informierten die Beklagten die Kläger darüber, dass sie beabsichtigten, eine Außenwendeltreppe zu errichten, die ihre ebenerdige Terrasse mit ihrer Dachterrasse verbinden sollte. Obwohl die Kläger dieser baulichen Veränderung nicht ausdrücklich zustimmten, errichteten die Beklagten die Außentreppe. Die Kläger verlangen Rückbau.

Die Klage hatte vor dem Amtsgericht Kassel Erfolg. Die Beklagten wurden gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zum Rückbau verurteilt. Bei der Errichtung der Außentreppe handele es sich um eine bauliche Veränderung, der gemäß § 22 Abs. 1 WEG alle Eigentümer zustimmen müssten, deren Rechte über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil entstehe. Danach sei eine Zustimmung der Kläger erforderlich gewesen.

Schweigen könne im Rechtsverkehr nur dann als Zustimmung gewertet werden, wenn zuvor bei der anderen Partei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei mit der Folge, dass nach Treu und Glauben eine ausdrücklich widersprechende Erklärung erforderlich gewesen wäre. Allein der Umstand, dass die Kläger die Baupläne der Beklagten zur Kenntnis genommen hätten, begründe – auch in einer Zwei-Parteien-WEG – einen solchen Vertrauenstatbestand nicht.

Amtsgericht Kassel, Urteil vom 15.11.2018, Az. 800 C 3071/18

Winterdienst durch Minijobber

Der Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft, den Winterdienst nicht von einer Firma, sondern von einzustellenden Minijobbern ausführen zu lassen, entspricht jedenfalls dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Eigentümer nicht ausreichend über die damit verbundenen Risiken und Pflichten informiert waren (z.B. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Haftung bei Verletzung der Verkehrssicherungspflichten).

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 15.03.2018, Az. 2-13 S 184/16
Zuvor: Amtsgericht Kirchhain, Urteil vom 03.11.2016, Az. 7 C 326/15 (77)

Ellen Taufkirch
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Fachanwältin für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Patrick Geiger
angestellter Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

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