Am 25.09.2008 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Insolvenzgeld“ beschäftigt.
Das Unternehmen, in dem Frau U. aus Frankfurt arbeitet, ist im Frühjahr in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Seit Juni hat Frau U. kein Gehalt mehr bekommen, obwohl sie weiterhin für das Unternehmen gearbeitet hat. Trotz aller Bemühungen um eine Sanierung musste der Arbeitgeber einen Insolvenzantrag stellen, das Insolvenzverfahren wurde am 8. September eröffnet. Frau U. fragt, wie die Aussichten sind, das rückständige Gehalt noch gezahlt zu bekommen.
Grundsätzlich müssen Gläubiger im Fall einer Insolvenz damit rechnen, dass ihre Ansprüche nur zum Teil erfüllt werden. Unter Umständen gehen sie sogar völlig leer aus.
Um Arbeitnehmer zumindest teilweise vor dem Risiko zu schützen, für ihre erbrachte Arbeitsleistung kein Gehalt zu bekommen, gibt es das Instrument Insolvenzgeld. Es ist im Sozialgesetzbuch (SGB) III (§§ 183 ff.) geregelt.
Das Insolvenzgeld wird von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt. Ein Anspruch darauf besteht für die letzten drei Monate (“Insolvenzgeldzeitraum”) des Arbeitsverhältnisses, die vor dem sogenannten Insolvenzereignis, also der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, liegen. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen verschiedenen Insolvenzereignissen, die in Betracht kommen können.
Im Fall von Frau U. ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 8. September maßgeblich. Sie hat somit drei Monate rückwirkend einen Anspruch auf Insolvenzgeld, das heißt für den Zeitraum vom 8. Juni bis zum 7. September. Nicht erfasst wird somit das anteilige Gehalt für die ersten Tage im Juni (1. bis 7. Juni). Diesen Anspruch muss Frau U. daher zur Insolvenztabelle anmelden.
Das Insolvenzgeld umfasst alle offenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die während des Insolvenzgeldzeitraumes erarbeitet wurden. Maßgeblich dabei ist das Nettoentgelt. Zum Insolvenzgeld zählt nicht nur das laufende Grundgehalt, sondern zum Beispiel auch Überstundenvergütungen, Zuschläge für Feiertags- oder Nachtarbeit sowie Sonderzuwendungen. Letztere fließen sogar dann in die Berechnung ein, wenn sie, wie etwa Jubiläumsprämien, nur zu bestimmten Ereignissen gezahlt werden. Sonderzuwendungen, die mehreren Entgeltzeiträumen zuzurechnen sind, werden anteilig berücksichtigt. Dies kann beim Weihnachtsgeld der Fall sein, das dann zu drei Zwölftel seiner Höhe in das Insolvenzgeld einfließt.
Außer dem Insolvenzgeld zahlt die Bundesagentur für Arbeit auf Antrag auch die rückständigen Pflichtbeiträge zu den gesetzlichen Sozialversicherungen. Das Insolvenzgeld wird zwar nicht versteuert, doch unterliegt es dem Progressionsvorbehalt. Das bedeutet, dass sein Bezug den auf das übrige Einkommen anzuwendenden Steuersatz erhöhen kann.
Der Antrag auf Zahlung von Insolvenzgeld ist bei der Agentur für Arbeit zu stellen, die einen entsprechenden Vordruck bereithält. Unbedingt zu beachten ist, dass der Antrag innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden muss. Anderenfalls droht ein Verlust des Anspruchs. Nur wenn der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, etwa weil ihm das Insolvenzereignis nicht bekannt war, kann der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachgeholt werden.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt