Am 20.09.2007 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Entzug des Dienstwagens bei Freistellung “ beschäftigt.
Herrn N. wird von seinem Arbeitgeber ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, den er auch privat nutzen darf. Im Arbeitsvertrag findet sich die Klausel, wonach der Arbeitgeber die Überlassung des Dienstwagens jederzeit frei widerrufen kann. Am 16. Juli kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember und stellte Herrn N. unter Fortzahlung der Bezüge frei. Er verlangte die sofortige Herausgabe des Fahrzeuges. Herr N. kam dieser Aufforderung nach. Inzwischen hat er Zweifel: Hätte er die Herausgabe verweigern können?
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (9 AZR 294/06) entschieden, dass eine Vertragsklausel, die dem Arbeitgeber das Recht zum jederzeitigen Widerruf der Dienstwagenüberlassung einräumt, unwirksam ist.
Das Urteil betrifft eine Klausel, die eine sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) darstellt. Eine vertragliche Regelung ist dann eine AGB, wenn sie für mehrere Verträge verwendet werden soll und nicht ausgehandelt, sondern von einer Seite gestellt wurde. AGB in Arbeitsverträgen unterliegen seit Januar 2002 einer gerichtlichen Inhaltskontrolle, das heißt, sie können daraufhin überprüft werden, ob sie ausreichend transparent sind und/oder den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen.
Ein Widerrufsvorbehalt, der die jederzeitige Entziehung des Dienstwagens erlaubt, auch wenn kein sachlicher Grund vorliegt, benachteiligt, so das Bundesarbeitsgericht, den Arbeitnehmer unangemessen. Die Unwirksamkeit der Klausel hat zur Folge, dass der Arbeitgeber die Dienstwagenüberlassung in keinem Fall widerrufen kann.
Dies gilt selbst dann, wenn an sich ein berechtigter Grund für den Widerruf besteht, etwa die Freistellung von der Arbeit nach der Kündigung. Ein teilweises Aufrechterhalten der Widerrufsklausel lehnt das Gericht ab. Etwas anderes könne lediglich dann gelten, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer – erfolglos – angeboten habe, die unwirksame Klausel dahin gehend zu ändern, dass ein Widerruf nur noch in den rechtlich zulässigen Fällen möglich sein soll.
Herr N., dem sein Arbeitgeber keine solche Vertragsänderung angeboten hat, kann somit verlangen, dass ihm das Fahrzeug wieder übergeben wird. Für die Zeit bis zur Rückgabe hat er einen Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Pkw-Nutzung. Der Schaden errechnet sich, in Anlehnung an die steuerliche Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit, in der Regel mit monatlich einem Prozent des Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung.
Wolfgang Strba
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt