Am 01.04.2010 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Bildungsurlaub“ beschäftigt.
Frau K. ist vollzeit als Buchhalterin in einem Unternehmen in Offenbach beschäftigt. Sie hat ein besonderes Faible für Geschichte und möchte gern nach Südfrankreich reisen, um dort vom 21. bis 25. Juni an einer Vortragsreihe zum Thema “Die Entwicklung der deutsch-französischen Geschichte” teilzunehmen. Dafür hat Frau K. Mitte Januar Bildungsurlaub beantragt, aber bis heute keine Rückmeldung bekommen. Frau K. fragt, ob sie im beantragten Zeitraum der Arbeit trotzdem fernbleiben und Bildungsurlaub in Anspruch nehmen darf.
Hessen gehört zu den Bundesländern, in denen es einen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub gibt. Die Regelungen hierzu finden sich im “Hessischen Gesetz über den Anspruch auf Bildungsurlaub (BiUrlG He)”. Demnach haben alle Beschäftigten, deren Tätigkeitsschwerpunkt in Hessen liegt, einen Anspruch auf bezahlten Bildungsurlaub. Dies gilt auch für Auszubildende.
Bevor der Anspruch entsteht, muss das Beschäftigungsverhältnis aber mindestens sechs Monate bestanden haben. Der Anspruch beläuft sich auf fünf Arbeitstage pro Jahr. Arbeitet der Beschäftigte an mehr oder an weniger als fünf Tagen pro Woche, erhöht beziehungsweise verringert sich der Anspruch im entsprechenden Verhältnis.
Der Arbeitnehmer muss seinem Arbeitgeber so früh wie möglich, mindestens sechs Wochen vor Beginn des Bildungsurlaubs, mitteilen, dass und wann genau er diesen in Anspruch nehmen will. In der Wahl ist er jedoch nicht frei. Ein Recht darauf hat der Arbeitnehmer nur dann, wenn der Bildungsurlaub der politischen Bildung und der beruflichen Bildung dient oder der Schulung für die Übernahme eines Ehrenamtes. Freizeitgestaltung oder Erholung fallen nicht darunter.
Vor diesem Hintergrund kommt eine Freistellung nur für solche Veranstaltungen in Betracht, die vom Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit als Bildungsveranstaltungen anerkannt wurden.
Der Arbeitnehmer muss in der Mitteilung an den Arbeitgeber, dass er Bildungsurlaub in Anspruch nimmt, eine Anmeldebestätigung, einen Nachweis über die behördliche Anerkennung der Veranstaltung und ein Veranstaltungsprogramm beifügen. Diese Unterlagen muss der Veranstalter unentgeltlich zur Verfügung stellen.
Der Arbeitgeber kann die Freistellung ablehnen, wenn dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Dies kann etwa bei einem Personalengpass der Fall sein. Wird die Freistellung verweigert, so muss dies dem Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Antragstellung unter Angabe der Gründe mitgeteilt werden. Versäumt der Arbeitgeber diese Frist und hat der Beschäftigte den Antrag rechtzeitig gestellt und die erforderlichen Unterlagen beigefügt, so gilt die Freistellung für den Bildungsurlaub als erteilt.
Zusammengefasst für den Fall von Frau K. heißt das: Sie hat den Antrag rechtzeitig gestellt. Die Frist von drei Wochen hat der Arbeitgeber verstreichen lassen. Unter der Voraussetzung, dass die Veranstaltung in Südfrankreich als politische Bildungsmaßnahme anerkannt wurde und Frau K. ihrem Arbeitgeber die notwendigen Unterlagen überreicht hat, kann sie die Reise im Juni antreten.
Das Gehalt muss ihr für diese Zeit weitergezahlt werden. Die Kosten der Teilnahme an der Veranstaltung und an der Reise hat Frau K. selbst zu tragen.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt