Thema eines von uns verfassten, am 01.05.2017 veröffentlichen Artikels ist das sogenannte „Betriebliche Eingliederungsmanagement“ (kurz: BEM). Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank, so verpflichtet § 84 Abs. 2 SGB IX (Sozialgesetzbuch Neuntes Buch) den Arbeitgeber zur Durchführung eines BEM. Dies gilt unabhängig davon, ob der betroffene Mitarbeiter schwerbehindert ist oder nicht.
Am BEM sind neben Arbeitgeber und Arbeitnehmer (dessen Zustimmung zuvor eingeholt werden muss) auch, soweit vorhanden, der Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen. Wenn erforderlich, sind auch der Betriebsarzt, die örtlichen Servicestellen oder das Integrationsamt hinzuzuziehen.
Details zum Ablauf des BEM nennt das Gesetz nicht. Dieser hat sich, so das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 10.12.2009, Aktenzeichen 2 AZR 400/08), am Ziel des Verfahrens zu orientieren. Das Ziel besteht darin aufzudecken, ob und ggf. welche betrieblichen Ursachen für die Krankheitszeiten es gibt. Daran schließt sich die Überlegung an, welche Maßnahmen in Betracht kommen, um die Fehlzeiten künftig zu reduzieren. Dies kann, um einige Beispiele zu nennen, durch die Beseitigung von gesundheitsgefährdenden Einflüssen am Arbeitsplatz oder die Zuweisung eines anderen Tätigkeitsbereiches geschehen.
Unterlässt der Arbeitgeber entgegen den gesetzlichen Vorgaben die Einleitung bzw. Durchführung eines BEM, bevor er eine krankheitsbedingte Kündigung ausspricht, so führt dies allein zwar nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung (so die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht, z. B. Urteil vom 28.04.2011, Aktenzeichen 8 AZR 515/10 und Urteil vom 28.06.2007, Aktenzeichen 6 AZR 750/06). Das Unterlassen führt aber dazu, dass die Position des Arbeitgebers im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht erschwert wird. Er muss dann nämlich detailliert darlegen, warum es bei Durchführung eines BEM nicht zu einer Reduzierung von Krankheitszeiten, die eine Kündigung entbehrlich gemacht hätte, gekommen wäre. Das unterlassene BEM eröffnet dem betroffenen Arbeitnehmer im Fall einer Kündigung somit die Chance, dass ein arbeitsgerichtlicher Prozess über ihre Wirksamkeit zu seinen Gunsten ausgeht.
Den vollständigen Artikel finden Sie unter: https://www.deutscherarbeitgeberverband.de/aktuell_und_nuetzlich/2017/2017_05_01_dav_aktuell-und-nuetzlich_krankheitszeit.html
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt