Thema unserer Artikels in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 09.12.1015 ist, dass durch vorbehaltlose Leistung eines Bonus durch den Arbeitgeber über mehrere Jahre hinweg ein Anspruch auf Zahlung auch im Folgejahr selbst dann begründet werden kann, wenn die Zahlungen in unterschiedlicher Höhe erfolgten.
Frau L. ist als Softwareentwicklerin für ein Unternehmen in Frankfurt tätig. Ihr Arbeitgeber hat ihr in den vergangenen drei Jahren stets einen Bonus gezahlt. Dieser Zuschlag hatte unterschiedliche Höhen: Im Jahr 2012 waren es 7500 Euro gewesen, im Jahr darauf hatte die Frau von dem Unternehmen 10000 Euro erhalten, und im Jahr 2014 bekam sie schließlich 5000 Euro auf ihr Konto überwiesen. Die Beträge wies ihr Arbeitgeber jeweils in der Gehaltsabrechnung für dem Monat November aus – weitere Erläuterungen hierzu erfolgten allerdings nicht. In ihrem Arbeitsvertrag finden sich keine Regelungen zu einem Anspruch auf eine Erfolgszulage. In diesem Jahr teilte der Arbeitgeber jedoch mit, dass er keinen Bonus zahlen werde. Die Leserin fragt, ob sie einen Anspruch auf eine Sonderzahlung auch im laufenden Jahr habe.
Aus dem ursprünglich geschlossenen Arbeitsvertrag ergibt sich kein Anspruch auf einen Bonus für 2015, da dieser keine Regelungen hierzu enthält. Ansprüche gegen den Arbeitgeber können aber auch außerhalb des schriftlichen Arbeitsvertrages begründet werden. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber ein Verhalten an den Tag legt, das der Arbeitnehmer so interpretieren darf, dass jener sich zu einer Leistung verpflichten will.
Man spricht dann von einer konkludenten, also einer stillschweigenden Vereinbarung. Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 13. Mai 2015 (Aktenzeichen 10 AZR 266/14) entschied, kann ein Anspruch auf Zahlung eines Bonusses auch für die Folgejahre stillschweigend begründet werden, wenn der Arbeitgeber in drei aufeinanderfolgenden Jahren vorbehaltlos eine Sonderzahlung leistet. Dem stehe, so das BAG, auch nicht der Umstand entgegen, dass die Zahlungen in unterschiedlicher Höhe erfolgt seien. Damit rückt das BAG von einer früheren Entscheidung ausdrücklich ab. Mit Urteil vom 28.Februar 1996 (Aktenzeichen 10 AZR 516/95) hatte es noch, bezogen auf eine betriebliche Übung, entschieden, dass aus der Leistung einer Zuwendung in jährlich wechselnder Höhe gerade kein Bindungswille zu entnehmen sei, sondern vielmehr die Absicht des Arbeitgebers, in jedem Jahr nach “Gutdünken” neu über die Sonderzahlung zu entscheiden.
Das Verhalten des Arbeitgebers von Frau L. dürfte somit dahingehend auszulegen sein, dass er auch in den Folgejahren einen jährlichen Bonus gewähren will. Anders hätte es sich dann verhalten, wenn er bei Zahlung, zum Beispiel durch ein Begleitschreiben, jeweils zum Ausdruck gebracht hätte, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt, durch die kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird.
Nicht einfach zu sagen ist, in welcher Höhe der Leserin ein Bonus für 2015 zusteht. Wegen der unterschiedlichen Beträge lässt sich eine stillschweigende Vereinbarung, welcher Bonus jährlich zu zahlen ist, nicht feststellen. Es gilt somit, dass der Arbeitgeber die Höhe des Bonusses nach sogenanntem “billigem Ermessen” (Paragraph 315 Bürgerliches Gesetzbuch) festzulegen hat. Unterlässt es dies oder übt er sein Ermessen in unbilliger Weise aus, steht Frau L. der Weg zum Arbeitsgericht offen. Dieses muss gegebenenfalls die Höhe der Leistung, wie sie billigem Ermessen entspricht, durch
ein Urteil bestimmen.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt