Am 15.05.2014 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Teilnahme von freien Mitarbeitern an der Betriebsratswahl?“ beschäftigt.
Herr T. aus Offenbach arbeitet freiberuflich als Werbetexter in einer großen Frankfurter Werbeagentur, die sein Hauptauftraggeber ist. Einen Teil seiner Arbeit erledigt er von zu Hause aus, ein bis zwei Tage die Woche arbeitet der Werbetexter aus organisatorischen Gründen aber auch in der Agentur, wo er einen festen Arbeitsplatz hat. Da Herr T. aktiv am Geschehen der Agentur teilnimmt und auch viele Kollegen kennt, würde er gern an der Betriebsratswahl teilnehmen. Er fragt sich, ob er als freier Mitarbeiter ein Recht darauf hat.
Die gesetzlichen Vorschriften zum Betriebsrat und dessen Wahl finden sich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Demnach besteht das Recht, einen Betriebsrat zu wählen, in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 7) sind alle Arbeitnehmer des Betriebes, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wahlberechtigt. Arbeitnehmer sind unter anderen Arbeiter, Angestellte und Auszubildende (§ 5). Als Arbeitnehmer gilt derjenige, der mit dem Betriebsinhaber einen Arbeitsvertrag geschlossen hat. Eine praktisch wichtige Ausnahme gilt jedoch für Leiharbeitnehmer. Diesen stehen zwar in einem Arbeitsverhältnis zum Entleiher (Zeitarbeitsunternehmen). Gleichwohl sind sie im Betrieb des Entleihers wahlberechtigt, wenn sie dort länger als drei Monate eingesetzt werden (§ 7 Satz. 2).
Ausgenommen sind hingegen die leitenden Angestellten. Diese nehmen nicht an der Betriebswahl teil, sondern können eine eigene Interessenvertretung wählen, den “Sprecherausschuss”. Herr T. wäre dann wahlberechtigt, wenn er Arbeitnehmer wäre, das heißt seine Tätigkeit auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages erbringt. Als freier Mitarbeiter verfügt Herr T. nicht über einen Arbeitsvertrag und ist somit nicht Arbeitnehmer.
Anders würde es sich nur verhalten, wenn er “Scheinselbständiger” wäre, sich also hinter seiner vermeintlich freien Tätigkeit ein Arbeitsverhältnis verbergen würde. Der Arbeitnehmer unterscheidet sich vom selbständigen Auftragnehmer insbesondere dadurch, dass Ersterer einem Weisungsrecht hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Arbeitsleistung unterliegt, Letzterer hingegen nicht. Hinzu kommen weitere Kriterien wie die Einbindung in die Betriebsorganisation (Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des Auftraggebers, Nutzung von dessen Betriebsmitteln) oder die Zahl der Auftraggeber. Unter der Annahme, dass Herr T. tatsächlich freier Mitarbeiter ist, ist er von der Betriebsratswahl ausgeschlossen. Er besitzt somit weder das aktive Wahlrecht, noch kann er sich als Kandidat aufstellen lassen (passives Wahlrecht). Die Wählbarkeit (passives Wahlrecht) kommt nur den aktiv Wahlberechtigten zu und setzt zusätzlich eine Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten voraus (§ 8 BetrVG).
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt