Im Mieterhöhungsverfahren kommt insbesondere in Frankfurt am Main dem qualifizierten Mietspiegel besondere Bedeutung zu. Beim qualifizierten Mietspiegel gilt eine gesetzliche Vermutung für seine Richtigkeit. Der Bundesgerichtshof hatte nun in einem Rechtsstreit zu entscheiden, wie bei Zweifeln an der Richtigkeit eines (qualifizierten) Mietspiegels zu verfahren ist.
Nach § 558 BGB kann der Vermieter vom Mieter die Zustimmung zur Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn:
– die bisherige Miete unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt;
– die Miete in dem Zeitpunkt, in dem die Mieterhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist;
– und die sogenannte „Kappungsgrenze“ von (bislang) 20 % Erhöhung binnen drei Jahren nicht überschritten wird.
Das Mieterhöhungsverlangen ist in Textform zu erklären und zu begründen. Zur Begründung kann sich der Vermieter insbesondere auf einen Mietspiegel, Auskünfte aus einer Mietdatenbank, Sachverständigengutachten oder drei Vergleichswohnungen stützen.
Grundsätzlich kann der Vermieter frei wählen, auf welches Begründungsmittel er sein Erhöhungsverlangen stützt. Eine gesetzliche Einschränkung gilt dann, wenn ein qualifizierter Mietspiegel (§ 558 d BGB) existiert. Ein qualifizierter Mietspiegel muss aufgrund der gesetzlichen Vorgaben insbesondere nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sein (§ 558 d Abs. 1 BGB). Dies ist auch in Frankfurt von besonderer Bedeutung. Bereits im Vorwort zum Mietspiegel Frankfurt 2012 wird hervorgehoben, dass es sich um einen qualifizierten Mietspiegel handelt.
Existiert ein qualifizierter Mietspiegel, muss der Vermieter zweierlei beachten:
– Der Vermieter muss in seinem Mieterhöhungsverlangen, auch wenn er dieses auf ein anderes Begründungsmittel stützt, zwingend Angaben zum qualifizierten Mietspiegel machen und die Wohnung in diesen einordnen.
– In einem etwaigen nachfolgenden gerichtlichen Mieterhöhungsverfahren kommt dem qualifizierten Mietspiegel ein besonderer Beweiswert zu; es wird vermutet, dass die im Mietspiegel genannten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben.
In dem vom Bundesgerichtshof nun mit Urteil vom 21.11.2012 (VIII ZR 46/12) entschiedenen Fall hatte der Vermieter einer Wohnung in Berlin-Mitte zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens vier Vergleichswohnungen benannt. Parallel hierzu enthielt das Schreiben auch Angaben nach dem laut Verfassern (qualifizierten) Berliner Mietspiegel. Die Mietspiegelwerte lagen unterhalb der verlangten Miete. Der Vermieter vertrat die Auffassung, dass die im Mietspiegel angegebenen Werte unzutreffend seien. Nach seiner Auffassung waren ferner die Voraussetzungen für einen qualifizierten Mietspiegel nicht erfüllt.
Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass das Gericht in solchen Fällen zunächst prüfen muss, ob überhaupt ein qualifizierter Mietspiegel im Sinne des Gesetzes vorliegt. Nur dann, wenn der Mietspiegel die besonderen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, er also insbesondere nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde, gilt die gesetzliche Vermutungswirkung. Wird die Tatsache angezweifelt, dass der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde, obliegt es dem Gericht zu prüfen, ob diese Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind. Hierzu stellt der Bundesgerichtshof insbesondere klar, dass auf die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen qualifizierten Mietspiegel erfüllt sind, nicht schon deshalb verzichtet werden kann, weil der Mietspiegel von seinem Ersteller als solcher bezeichnet worden ist.
Beweispflichtig für das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels im Prozess ist die Partei, die sich auf den Mietspiegel beruft und die sich hieraus ergebende Vermutung zu Nutze machen will. Stützt der Vermieter also sein Mieterhöhungsverlangen auf den qualifizierten Mietspiegel und zweifelt der Mieter die Richtigkeit der Werte an, ist der Vermieter beweispflichtig dafür, dass es sich um einen qualifizierten Mietspiegel handelt.
Im nun vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war es jedoch der Mieter, der sich auf die Vermutungswirkung des qualifizierten Mietspiegels stützte. Ihm obliegt es somit, in diesem Fall darzulegen und im Prozess den Beweis zu führen, dass ein qualifizierter Mietspiegel existiert.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Vermieter im konkreten Einzelfall auf ein pauschales Bestreiten stützen konnte. Vielmehr obliegt es der Partei, die den Mietspiegel in Zweifel zieht, diese Zweifel auch detailliert im Prozess darzulegen und zu begründen. Liegen konkrete Zweifel vor, obliegt es dann der Gegenseite, den entsprechenden Beweis zu führen.
Der Bundesgerichtshof hat den Rechtsstreit zurück verwiesen, damit das Berufungsgericht nun die Beweiserhebung nachholen kann.
19. März 2013
Rechtsanwältin Ellen Taufkirch
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Patrick Geiger