Am 13.12.2007 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Widerrufsvorbehalt für Sonderzahlungen (z. B. Bonus, Gratifikationen, Tantieme, Weihnachtsgeld) “ beschäftigt.
Frau P. ist seit 2004 als kaufmännische Angestellte in einem Frankfurter Unternehmen beschäftigt. Bislang erhielt sie jedes Jahr Weihnachtsgeld. Da der Umsatz in diesem Jahr weit geringer ausgefallen ist als in den Vorjahren, beschließt der Arbeitgeber, kein Weihnachtsgeld zu zahlen. Er beruft sich hierbei auf eine Klausel in den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter, wonach Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld nur “unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs gewährt werden”. Frau P. fragt, ob das rechtens sei.
Arbeitsverträge sehen für Sonderzuwendungen häufig Widerrufs- oder Freiwilligkeitsvorbehalte vor. Auf diese Weise will der Arbeitgeber verhindern, dass er an die Zahlung von Sonderleistungen gebunden wird und auf veränderte Umstände wie etwa eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht flexibel reagieren kann.
Der Widerrufsvorbehalt ist vom Freiwilligkeitsvorbehalt zu unterscheiden: Mit dem Freiwilligkeitsvorbehalt soll bereits das Entstehen eines Rechtsanspruchs für die Zukunft verhindert werden. Typisch hierfür ist die Formulierung “freiwillig und ohne Einräumung eines Rechtsanspruchs”.
Durch den Widerrufsvorbehalt soll ein bereits begründeter Anspruch nachträglich vom Arbeitgeber einseitig wieder aufgehoben werden können. In der Praxis finden sich häufig Formulierungen, die Mischformen zwischen Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt darstellen und eine Zuordnung zu einer der Formen erschweren.
Ob eine Klausel des Arbeitsvertrages als Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt einzuordnen ist, kann für den Arbeitnehmer erhebliche Auswirkungen haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müssen Widerrufsvorbehalte bestimmte Anforderungen erfüllen, damit sie wirksam sind.
So muss der Arbeitsvertrag unter anderem die Gründe benennen, aus denen der Arbeitgeber die Leistung widerrufen darf. Eine Klausel, die keine Widerrufsgründe benennt und somit die Entziehung der Sonderleistung in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, ist unwirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in mehreren Urteilen entschieden.
Da die Widerrufsklausel im Arbeitsvertrag der Frau P. keine Widerrufsgründe benennt, ist sie unwirksam. Frau P. hat somit einen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Ob dieser Anspruch auch bestünde, wenn statt eines Widerrufs- ein Freiwilligkeitsvorbehalt in den Arbeitsvertrag aufgenommen worden wäre, ist hingegen zweifelhaft.
Zwar hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25. April 2007 (Aktenzeichen: 5 AZR 627/07) entschieden, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt für eine monatliche Leistungszulage, der die Einstellung der Leistung an keine Gründe knüpft, unwirksam ist. Ob sich die Rechtsprechung auf jährliche Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld übertragen lässt, ist jedoch noch ungeklärt. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt abzuwarten.
Wolfgang Strba
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt