Am 06.11.2008 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Entgeltfortzahlung bei verschiedenen aufeinanderfolgenden Erkrankungen“ beschäftigt.
Herr B. verursachte am 31. August in einem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit einen Autounfall. Er wurde schwer verletzt. Mitte Oktober, nach rund sechs Wochen, war er so weit genesen, dass er seine Arbeit wieder hätte aufnehmen können. In der Zwischenzeit bekam Herr B. jedoch eine schwere Erkältung. Sein Arzt schrieb ihn daher noch eine Woche über das ursprüngliche Ende der Arbeitsunfähigkeit (10. Oktober) hinaus krank, das heißt für die Arbeitswoche vom 13. bis zum 17. Oktober. Der Arbeitgeber von Herrn B. weigert sich, das Gehalt für diese Zeit zu zahlen, da der sogenannte Entgeltfortzahlungszeitraum von sechs Wochen abgelaufen sei. Herr B. fragt, ob sein Arbeitgeber im Recht ist.
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes, wenn sie aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig sind (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz). Der Anspruch ist nach dem Gesetz ausgeschlossen, wenn den Arbeitnehmer an der Arbeitsunfähigkeit ein Verschulden trifft. Dabei stellt aber nicht jedes fahrlässige Verhalten ein Verschulden dar. Um den Arbeitnehmer vor finanziellen Einbußen zu schützen, ist vielmehr ein grobes Verschulden, das heißt ein vorsätzliches oder besonders leichtsinniges Verhalten erforderlich. Dies wäre zum Beispiel der Fall gewesen, wenn Herr B. den Unfall wegen einer weit überhöhten Geschwindigkeit oder aufgrund von Alkoholkonsum verursacht hätte. Auch an der Erkältung dürfte Herrn B. kein Verschulden treffen.
Der gesetzlich festgelegte maximale Zeitraum für die Entgeltfortzahlung beträgt sechs Wochen. Dieser Zeitraum darf weder durch einen Tarifvertrag noch durch eine Regelung im Arbeitsvertrag verkürzt werden, kann aber verlängert werden. Mit jeder neuen Erkrankung beginnt ein weiterer Zahlungszeitraum von sechs Wochen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die zweite Erkrankung eintritt, während der Arbeitnehmer noch wegen der ersten arbeitsunfähig ist. Dann besteht ein Anspruch nur so lange, bis ein Zeitraum von insgesamt sechs Wochen ausgeschöpft ist. Herr B. hat somit keinen Anspruch auf die Fortzahlung seines Gehaltes über den 12. Oktober hinaus. Er muss sich daher an seine Krankenkasse wenden und dort Krankengeld beantragen.
Anders hätte es sich verhalten, wenn Herr B. erst am Sonntag, dem 12. Oktober, also zwei Tage nach dem offiziellen Ende des Entgeltfortzahlungszeitraumes, krank und arbeitsunfähig geworden wäre. War der Arbeitnehmer nämlich zwischen erster und zweiter Erkrankung arbeitsfähig, so beginnt ein neuer Zeitraum von sechs Wochen. Dies soll nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts selbst dann gelten, wenn der Arbeitnehmer zwischen den Erkrankungen nicht gearbeitet hat und die Phase der Arbeitsfähigkeit in die Freizeit (hier auf einen Samstag) fiel.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt