Am 22.01.2009 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Anspruch auf ein besseres Arbeitszeugnis?“ beschäftigt.
Bank-Mitarbeiter S. aus Frankfurt wurde betriebsbedingt gekündigt. Mit dem Arbeitszeugnis, das ihm sein Abteilungsleiter geschrieben hat, ist Herr S. nicht einverstanden, da es nach seiner Meinung nicht der tatsächlichen Arbeitsleistung entspricht. Nach den gewählten Formulierungen des Abteilungsleiters entspräche die Note des Arbeitszeugnisses einer “Vier”, Herr S. ist jedoch überzeugt, dass er mindestens die Note “Zwei” verdient hätte. Er möchte wissen, ob er ein Recht auf eine Korrektur des Zeugnisses hat und wie er es durchsetzen kann.
Ein Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis (§ 109 Gewerbeordnung). Dabei hat er die Wahl zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis. Das einfache Zeugnis beschreibt lediglich die Art und Dauer des Dienstverhältnisses. In den meisten Fällen wird jedoch ein qualifiziertes Zeugnis ausgestellt. Dieses enthält auch Beurteilungen der Leistung und des Verhaltens.
Ein Zeugnis muss bestimmten formellen und inhaltlichen Ansprüchen genügen. So muss es eine saubere und ordentliche Form haben und darf keine Radierungen, Verbesserungen, Durchstreichungen oder Ähnliches enthalten. Wird das Zeugnis nicht vom Arbeitgeber selbst, sondern, wie hier, von einem Vertreter unterzeichnet, so ist im Zeugnis deutlich zu machen, dass der Unterzeichner dem Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt oder ranghöher war.
Beim Inhalt gelten unter anderem die Grundsätze der Vollständigkeit, der Wahrheit und wohlwollenden Beurteilung. Das Zeugnis muss daher alle für die Gesamtbeurteilung wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten. Das heißt: Einmalige Vorfälle, egal ob positiv oder negativ, dürfen nicht in das Zeugnis aufgenommen werden. Der Inhalt muss objektiv richtig sein. Der Wahrheitsanspruch steht jedoch in einem Spannungsverhältnis zum Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung. Danach darf das Zeugnis das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht ungerechtfertigt erschweren. Da bestimmte wahrheitsgemäße Angaben das Fortkommen erheblich beeinträchtigen könnten, behelfen sich Arbeitgeber häufig, indem sie bestimmte Punkte auslassen, die an sich Bestandteil eines Zeugnisses sein sollten.
Hinsichtlich Leistung und Verhalten bedient sich der Zeugnisverfasser in der Regel einer fünfstufigen, von “sehr gut” bis “mangelhaft” reichenden Notenskala. In aller Regel werden diese Noten durch typische Formulierungen (etwa “stets zur vollsten Zufriedenheit” für “sehr gut”) umschrieben.
Ist der Arbeitnehmer wie Herr S. der Ansicht, er sei zu schlecht beurteilt worden, kann er, wenn er nicht auf anderem Wege mit seinem Arbeitgeber einig wird, vor dem Arbeitsgericht auf Berichtigung des Zeugnisses klagen. Dabei muss im Klageantrag konkret angegeben werden, welche Formulierungen in welcher Weise geändert werden sollen. Verlangt der Arbeitnehmer eine bessere Beurteilung als “befriedigend”, so muss er im Prozess darlegen und, wenn nötig, auch beweisen, warum seine Leistung und sein Verhalten überdurchschnittlich waren. Unter Umständen sind Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden als Zeugen zu vernehmen.
Im Fall einer unterdurchschnittlichen Bewertung hingegen muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, warum der Arbeitnehmer kein zumindest befriedigendes Zeugnis verlangen kann. Ob Herr S. die von ihm gewünschte Korrektur des Zeugnisses durchsetzen kann, hängt somit davon ab, was die Parteien im arbeitsgerichtlichen Verfahren vortragen und wie gegebenenfalls das Ergebnis der Beweisaufnahme ausfällt.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt