Am 27.11.2008 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Kurzarbeit“ beschäftigt.
Herr B. ist verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder. Er ist als Facharbeiter in einem Zulieferunternehmen der Automobilindustrie tätig. Nach erheblichem Auftragsrückgang schließt der Arbeitgeber von Herrn B. daher mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung, wonach über einen Zeitraum von zunächst vier Wochen für den überwiegenden Teil der Arbeitnehmerschaft Kurzarbeit eingeführt wird. Die wöchentliche Arbeitszeit soll von 38,5 Stunden auf 18 Stunden reduziert werden. Herr B. fragt, ob er die Einführung der Kurzarbeit und die damit verbundene Reduzierung seines Gehaltes hinnehmen muss.
Will der Arbeitgeber Kurzarbeit einführen, so ist er hierzu nicht ohne weiteres berechtigt. Für diesen Eingriff in den Anspruch des Arbeitnehmers, während der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit beschäftigt und hierfür entlohnt zu werden, bedarf es einer besonderen rechtlichen Grundlage. Eine solche Ermächtigung kann sich aus dem Arbeitsvertrag, dem Tarifvertrag oder wie im vorliegenden Fall aus einer Betriebsvereinbarung ergeben. Der Arbeitgeber hat in jedem Fall das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zu beachten. Die wirksame Anordnung von Kurzarbeit hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer im Rahmen der Arbeitszeitreduzierung von seiner Arbeitspflicht befreit wird. Im Gegenzug verliert er im entsprechenden Umfang seinen Anspruch auf Vergütung. Als Ausgleich für den finanziellen Verlust wurde das Instrument des Kurzarbeitergeldes geschaffen. Dieses ist in den §§ 169 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) III geregelt. Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist ein erheblicher Arbeitsausfall.
Dies ist nur dann der Fall, wenn der Arbeitsausfall auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Er muss des Weiteren lediglich vorübergehend und nicht vermeidbar sein. Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Maßnahmen getroffen haben, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu vermeiden. Schließlich ist ein Arbeitsausfall nur dann erheblich, wenn mindestens ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Ausfall des monatlichen Bruttoentgelts in Höhe von mehr als 10 Prozent betroffen ist. Durch diese strengen Anforderungen soll verhindert werden, dass die Einführung von Kurzarbeit dazu missbraucht wird, die Lohnkosten auf die Bundesagentur für Arbeit abzuwälzen. Von besonderer Wichtigkeit ist, dass der Arbeitgeber oder die Betriebsvertretung (zum Beispiel der Betriebsrat) den Arbeitsausfall gegenüber der Agentur für Arbeit anzeigt und einen Antrag auf Kurzarbeitergeld stellt. Die Arbeitnehmer selbst haben kein Antragsrecht, obwohl sie die Bezugsberechtigten sind. Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben Arbeitnehmer, die sich in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befinden. Der Anspruch ist jedoch ausgeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt ist oder ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde. Während der Kündigungsfrist besteht somit kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bestimmt sich nach der sogenannten Nettoentgeltdifferenz. Hiermit ist der Unterschied zwischen dem Nettoentgelt, das der Arbeitnehmer bei Fortgeltung der ursprünglichen Arbeitszeit bekommen hätte, und dem infolge der Kurzarbeit erzielten, geringeren Nettogehalt gemeint.
Von diesem Differenzbetrag zahlt die Bundesagentur für Arbeit 67 beziehungsweise 60 Prozent. Der höhere Leistungssatz von 67 Prozent steht zum Beispiel Arbeitnehmern, die ein Kind haben, zu. Herr B. muss somit die Anordnung der Kurzarbeit hinnehmen, hat aber einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld in Höhe von 67 Prozent des Teils seines Nettolohnes, der ihm aufgrund der Arbeitszeitverkürzung entgeht.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt