Am 13.01.2011 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Kündigung wegen Krankheit (personenbedingte Kündigung)“ beschäftigt.
Frau C. arbeitet seit 20 Jahren als Reinigungskraft in demselben Unternehmen. Sie leidet an einer chronischen Erkrankung und war deshalb in den letzten fünf Jahren häufig krankgeschrieben. Auch zurzeit ist sie arbeitsunfähig krank. Vor einigen Tagen erhielt Frau C. ein Kündigungsschreiben (Kündigung nach Krankheit). Sie ist der Meinung, die Kündigung sei unwirksam, da Krankheit keinen Kündigungsgrund darstelle.
Entgegen einer verbreiteten Auffassung schützt Krankheit nicht vor Kündigung. Es handelt sich hierbei um einen personenbedingten Kündigungsgrund. Die Rechtsprechung stellt jedoch hohe Hürden für den Arbeitgeber auf. Drei Stufen sind zu prüfen.
Zunächst ist eine negative Prognose erforderlich. Die Kündigung stellt keine Sanktion für die bisherigen Fehlzeiten dar, sondern soll den Arbeitgeber vor zukünftigen Beeinträchtigungen schützen. Dies setzt voraus, dass auch in Zukunft mit beträchtlichen Fehlzeiten zu rechnen ist. Eine negative Prognose kann sich etwa aus der Art der Erkrankung ergeben. Beruhen die Fehlzeiten auf einer ausgeheilten Krankheit, so spricht dies gegen eine negative Prognose. Besteht das Grundleiden, wie im Fall von Frau C. fort, kann eine ungünstige Prognose gerechtfertigt sein. Auch der Umfang der bisherigen Fehlzeiten ist ein wichtiges Indiz, wobei es keine starren Mindestwerte gibt.
Im zweiten Schritt muss der Arbeitgeber nachweisen, dass durch zukünftige Fehlzeiten eine erhebliche Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Interessen droht. Diese können etwa in Störungen der Arbeitsabläufe, Mehrbelastung der Kollegen oder erheblichen Entgeltfortzahlungskosten bestehen.
Auf der dritten Stufe ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Hierbei ist etwa zu berücksichtigen, ob die Erkrankung auf den Arbeitsbedingungen beruht, wie lange das Arbeitsverhältnis ungestört verlaufen ist, wie alt der Arbeitnehmer ist und ob ihn Unterhaltspflichten treffen. Da die Kündigung stets letztes Mittel ist, muss zudem die Möglichkeit einer anderweitigen, “leidensgerechten” Beschäftigung ausgeschlossen sein.
Auch soll der Arbeitgeber bei langandauernden Erkrankungen, unter Beteiligung des Betriebsrates und gegebenenfalls der Schwerbehindertenvertretung sowie des Integrationsamtes ein “betriebliches Eingliederungsmanagement” veranlassen. Dabei wird nach Möglichkeiten gesucht, den Arbeitsplatz zu erhalten. Dieses Verfahren stellt jedoch kein formelles Wirksamkeitskriterium für die Kündigung dar. Das Unterlassen kann sich gleichwohl zu Lasten des Arbeitgebers auswirken.
Schließlich setzt die Kündigung, wenn der Mitarbeiter schwerbehindert oder einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist, die Zustimmung des Integrationsamtes voraus. Die Erkrankung von Frau C. kann somit grundsätzlich die Kündigung rechtfertigen.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt