Am 10.04.2014 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Anspruch auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag gemäß Nachweisgesetz“ beschäftigt.
Herr Z. arbeitet als Maurer für ein kleines Bauunternehmen. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gibt es nicht. Im vergangenen Jahr musste er über mehrere Wochen mit seinem Privatwagen zur 20 Kilometer entfernten Baustelle fahren, weil es mangels Fahrzeug keinen Fahrdienst vom Unternehmen gab. Jetzt hat Herr Z. von einem Kollegen erfahren, dass ihm laut Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) eine Fahrtkostenabgeltung in Höhe von 30 Cent je Kilometer und Arbeitstag zusteht. Der Arbeitgeber, an den er sich wendet, verweigert die Zahlung mit dem Argument, Herr Z. habe den Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Der Leser sagt, dass ihm bis vor kurzem nicht bekannt war, dass der Tarifvertrag Anwendung findet, schließlich sei er nicht Gewerkschaftsmitglied.
Der Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) wurde für allgemeinverbindlich erklärt. Er gilt somit für alle Arbeitsverhältnisse im Baugewerbe, unabhängig davon, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer Mitglied des Arbeitgeberverbandes oder der Gewerkschaft sind. § 7 Ziffer 3.1 BRTV gewährt die oben geschilderte Fahrtkostenerstattung. Es findet jedoch auch § 14 BRTV Anwendung, wonach Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Diese Frist hat Herr Z. versäumt, so dass sein Arbeitgeber recht zu haben scheint.
Für den Leser eröffnet sich jedoch folgender Weg: Nach § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) haben Arbeitnehmer Anspruch auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag. In diesen sind die wesentlichen Vertragsbedingungen aufzunehmen. Hierzu gehört auch der Hinweis auf anwendbare Tarifverträge. Im vorliegenden Fall gibt es keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, der Arbeitgeber hat somit seine gesetzliche Pflicht verletzt. Er hat deshalb den hierdurch ausgelösten Schaden zu ersetzen.
Der Schaden besteht darin, dass der Anspruch auf Fahrtkostenerstattung nicht innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht wurde. Er wäre nicht eingetreten, wenn Herrn Z. der Inhalt des Tarifvertrages früher bekannt gewesen wäre und er rechtzeitig gehandelt hätte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gilt folgende Vermutung: Hätte der Arbeitgeber einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit Hinweis auf den Tarifvertrag ausgehändigt, hätte der Arbeitnehmer die Ausschlussfrist beachtet. Mit dieser Vermutung will das BAG dem Arbeitnehmer den kaum zu führenden Beweis, dass er sich tatsächlich so verhalten hätte, ersparen. Es ist Sache des Arbeitgebers, diese Vermutung zu widerlegen. Dies wird jedoch nur schwer möglich sein. Es spricht somit vieles dafür, dass Herr Z. einen Schadensersatzanspruch hat. Dieser besteht in einem Zahlungsanspruch in Höhe der verfallenen Fahrtkostenerstattung.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt