Entscheidungen Miet- und Wohnungseigentumsrecht 01/20

Treuwidrige Verjährungseinrede des Bauträgers

Eine Partei kann sich dann nicht mit Erfolg auf eine Verjährung der gegen sie gerichteten Ansprüche berufen, wenn die Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben verstößt.

Davon ging das Oberlandesgericht Frankfurt im Fall einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft aus. Diese hatte eine Siedlung aus Reihenhäusern errichtet, bei denen es aufgrund fehlerhafter Abdichtungen zu Wassereintritt und Schimmelbildung gekommen war. Jahrzehntelang verhandelte die Wohnungsbaugesellschaft mit den Eigentümern über die Mängel und besserte auch teilweise nach. Dann berief sie sich auf Verjährung.

Ohne Erfolg allerdings, denn das Oberlandesgericht Frankfurt bewertete dieses Verhalten als treuwidrig. Als städtische Wohnungsbaugesellschaft übernehme die Beklagte auch „Aufgaben der Daseinsvorsorge“. Durch die jahrelangen Verhandlungen mit den Eigentümern, die teilweise Nachbesserung und eine partielle Nachbesserungszusage sei bei den Wohnungseigentümern ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend hervorgerufen worden, dass der städtische Bauträger die Mängel beseitigen werde.

Das Oberlandesgericht Frankfurt stellt in dieser Entscheidung auch nochmals klar, dass auch bei Übertragung der Prozessführungsbefugnis auf die WEG die materielle Berechtigung aus den jeweils geschlossenen Erwerbsverträgen bei den einzelnen Erwerbern verbleibt.

Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10.12.2018, Az. 29 U 123/17
Zuvor: Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 30.06.2017, Az. 5 O 126/16

Anspruch auf Rückbau eines Treppenliftes

In dem vom Amtsgericht Kassel zu entscheidenden Fall hatte eine WEG zugunsten einer gehbehinderten Miteigentümerin die Errichtung eines Treppenliftes gestattet. Nach dem Tod der Miteigentümerin beschlossen die Eigentümer den Rückbau des Treppenliftes. Hiergegen wendete sich der 87 jährige Ehemann der Verstorbenen.

Zu Recht, wie das Amtsgericht Kassel urteilte. Es müsse eine Berücksichtigung sämtlicher Interessen der beteiligten Eigentümer erfolgen. Für die beeinträchtigte Person streite das grundrechtliche Diskriminierungsverbot. Allerdings sei auch zu berücksichtigen, ob die mit der baulichen Veränderung verbundene Einschränkung der Nutzung des Gemeinschaftseigentums durch die übrigen Miteigentümer zumutbar sei. Ein Treppenlift sei daher von den übrigen Eigentümern nur vorübergehend und nur bei entsprechendem Bedarf zu dulden. Bei Wegfall des Bedarfs entstehe ein Rückbauanspruch.

Der vorliegende Fall sei jedoch anders zu beurteilen, da zwar der Bedarf der Ehefrau durch deren Tod weggefallen, nun aber bei ihrem Ehemann angesichts seines Alters mit einem Bedarf an einem Treppenlift zu rechnen sei, auch wenn dieser aktuell noch nicht bestehe. Dies stehe einem Rückbauanspruch entgegen.

Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 24.10.2019, Az. 800 C 2005/19

Anmerkung:

    Im Mietrecht gilt § 554 a BGB.

Einladungsmangel bei Beschluss über Jahresabrechnung

In einem Beschlussanfechtungsverfahren hatte das Amtsgericht unter anderem über den Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung zu entscheiden.

Die Klägerin rügte (unter anderem), dass die Einladung nicht ordnungsgemäß war. Unstreitig war eine unvollständige Abrechnung mit der Einladung versandt worden. Insbesondere fehlte die Heizkostenabrechnung. Diese wurde den Eigentümern erst in der Versammlung übergeben. Andere Unterlagen lagen (unvollständig) der Abrechnung zwar bei, wurden aber nochmals abgeändert. Die geänderten Unterlagen wurden den Eigentümern erst in der Eigentümerversammlung gemeinsam mit der Heizkostenabrechnung übergeben.

Hinsichtlich der Heizkostenabrechnung erkennt das Amtsgericht zwar einen Einladungsmangel. Dieser sei jedoch nicht erheblich gewesen. Jedenfalls habe die Klägerin nicht aufgezeigt, dass dieser Mangel Einfluss auf ihre Teilnahme an der Versammlung oder den Meinungsaustausch der Eigentümer gehabt habe. Hinsichtlich der Unterlagen, die geändert wurden, meint das Gericht, dass jedenfalls dann kein Einberufungsmangel vorliegt, wenn den Eigentümern die Korrektur nachvollziehbar erläutert wird.

Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 14.11.2019, Az. 33 C 2436/19 (55)

Anmerkung:

    Das Amtsgericht hat den Beschluss allerdings wegen anderer (inhaltlicher) Mängel für ungültig erklärt.

Duldungsansprüche gegen den Nachbarn bei Anbringung einer Wärmedämmung

Ein Grundstückseigentümer muss einen Überbau von Bauteilen dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand auf sein Grundstück ragen.

Veränderungen an seinem eigenen Gebäude, die aufgrund der Anbringung der Wärmedämmung notwendig werden, muss er hingegen nicht dulden.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.06.2019, Az. V ZR 144/18
Zuvor: Urteil des Landgerichts Gießen vom 02.05.2018, Az. 1 S 47/17
Zuvor: Urteil des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) vom 08.03.2017, Az. 2 C 1500/15 (11)

Anmerkung:

    Es gilt Landesrecht, d.h. der Anspruch ergibt sich im entschiedenen Fall aus § 10a Abs. 1 Hessisches Nachbarrechtsgesetz.

Unwirksamkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung begründet keine Amtshaftungsansprüche gegen das erlassende Land

Geklagt hatte ein Inkassounternehmen, das sich insbesondere darauf spezialisiert hat, aus abgetretenem Recht Ansprüche von Wohnungsmietern gegen ihre Vermieter wegen einer Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10 % durchzusetzen. Als dies aufgrund der Nichtigkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung scheiterte, verkündete die Klägerin dem beklagten Land den Streit und nahm dieses dann auf Schadensersatz in Anspruch.

Das Oberlandesgericht Frankfurt verneinte mit Urteil vom 13.02.2020 einen Staatshaftungsanspruch. Der Erlass einer unwirksamen Mietpreisbegrenzungsverordnung stelle keine Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht dar. Eine Haftung ergebe sich auch nicht aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes.

Allerdings hat das Oberlandesgericht Frankfurt die Revision zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen.

Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13.02.2020, Az. 1 U 60/19
Zuvor: Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.03.2019, Az. 2-04 O 307/18

Ellen Taufkirch
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Fachanwältin für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Patrick Geiger
angestellter Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
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