Am 03.05.2012 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Doppelbefristung von Arbeitsverträgen“ beschäftigt.
Frau N. ist Bibliothekarin und wurde im Mai 2009 von einer öffentlichen Bibliothek befristet eingestellt, weil eine Mitarbeiterin dauerhaft erkrankt war. Das Arbeitsverhältnis von Frau N. wurde zunächst bis zum 30. April 2011 befristet. Weil die erkrankte Mitarbeiterin zu diesem Zeitpunkt noch nicht arbeitsfähig war, wurde das Arbeitsverhältnis mit Frau N. im Mai 2011 verlängert. Der neue Vertrag enthielt folgende Regelung: “Das Arbeitsverhältnis ist befristet für die Dauer der Erkrankung von Frau X, längstens bis zum 30.04.2012.” Die Kollegin verstarb im Dezember 2011 unerwartet. Frau N. wurde bis zum 30. April weiterbeschäftigt. Die Leserin ist der Ansicht, das Arbeitsverhältnis bestehe weiter fort.
Der Arbeitsvertrag von Frau N. sieht eine sogenannte Doppelbefristung vor: Zwei Tatbestände der Beendigung werden miteinander kombiniert. Der erste besteht darin, dass das Arbeitsverhältnis enden soll, sobald die Erkrankung der Kollegin vorbei ist. Tritt dieser Fall nicht ein, greift der zweite Grund, das terminierte Ende des Vertrags zum 30. April.
Diese Doppelbefristung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig. Mit dem Tod der Kollegin endete auch deren Erkrankung. Damit war die Bedingung, unter der das Arbeitsverhältnis von Frau N. enden sollte, eingetreten. Gleichwohl wurde sie weiterbeschäftigt. In einem solchen Fall greift § 15 Absatz 5 des Teilzeit-und Befristungsgesetzes (TzBfG).
Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt. So verhielt es sich im vorliegenden Fall. Frau N. wurde nach dem Tod der Mitarbeiterin, die sie vertreten hatte, widerspruchslos weiterbeschäftigt. Laut Gesetz gilt das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert. Dies spricht zunächst dafür, dass das Arbeitsverhältnis von Frau N. über den 30. April hinaus fortbesteht.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 29.06.2011, Aktenzeichen 7 AZR 6/10) hat jedoch entschieden, dass der zeitlichen Höchstbefristung eine “Auffangwirkung” zukommt. Das Arbeitsverhältnis von Frau N. endete somit trotz der Weiterbeschäftigung über den Juli 2011 hinaus zum 30. April, wenn die zeitliche Befristung wirksam ist. Dies ist hier der Fall.
Der Sachgrund der Befristung bestand in der Vertretung einer erkrankten Mitarbeiterin. Dass dieser Sachgrund infolge des Todes der Kollegin nicht mehr gegeben war, ist unbeachtlich. Maßgeblich ist, ob er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorlag, was hier zutrifft. Im Mai 2011 war noch davon auszugehen, dass die erkrankte Mitarbeiterin zurückkehren wird.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt