Am 17.04.2008 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Auszahlung von Überstunden“ beschäftigt.
Die Arbeitszeit von Herrn P. beträgt laut Arbeitsvertrag 38 Wochenstunden. Tatsächlich arbeitet er jedoch weitaus mehr, da sein Arbeitgeber regelmäßig Überstunden anordnet. Bezahlt werden diese nicht. Der Arbeitgeber verweist auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, wonach alle Überstunden mit dem Monatsgehalt abgegolten sind. Herr P. will wissen, ob er trotz dieser Klausel einen Anspruch auf bezahlte Überstunden hat.
Von Überstunden spricht man, wenn die durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag festgelegte Arbeitszeit überschritten wird. Der Arbeitgeber ist nicht ohne weiteres berechtigt, Überstunden anzuordnen. Er ist hierzu nur ermächtigt, wenn Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag eine entsprechende Befugnis vorsehen. Eine Ausnahme hiervon wird in Not- und Katastrophenfällen, die mit einer Gefährdung erheblicher betrieblicher Belange verbunden sind, anerkannt.
Bei der Anordnung von Überstunden ist der Arbeitgeber an die “Grundsätze billigen Ermessens” gebunden, das heißt, er muss auf die berechtigten Belange des Arbeitnehmers wie etwa familiäre Belastungen Rücksicht nehmen. Zudem dürfen die Höchstarbeitszeiten, die das Arbeitszeitgesetz vorgibt, nicht überschritten werden.
Die werktägliche Arbeitszeit darf acht Stunden nicht überschreiten, doch kann sie auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb eines bestimmten Ausgleichszeitraumes ein Durchschnitt von acht Stunden werktags nicht überschritten wird. In Tarifverträgen können abweichende Regelungen getroffen werden. Der Arbeitgeber hat des weiteren die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten.
Weigert sich der Arbeitnehmer, wirksam angeordnete Überstunden zu leisten, so kann dies arbeitsrechtliche Sanktionen von der Ermahnung über die Abmahnung bis hin zur Kündigung nach sich ziehen.
Überstunden sind nur dann zu vergüten, wenn sie mit “Wissen und Wollen” des Arbeitgebers geleistet werden. Dies ist der Fall, wenn die Überstunden vom Arbeitgeber wirksam angeordnet wurden, zur Erledigung der obliegenden Arbeit notwendig waren oder vom Arbeitgeber gebilligt beziehungsweise geduldet waren. Anderenfalls geht der Arbeitnehmer leer aus.
Eine arbeitsvertragliche Regelung, die eine pauschale Abgeltung aller Überstunden mit dem Monatsgehalt vorsieht, dürfte einer rechtlichen Überprüfung durch das Arbeitsgericht nicht standhalten. Herr P. hat somit einen Anspruch auf Vergütung seiner Überstunden.
Die Höhe der Vergütung lässt sich ermitteln, indem das Monatsgehalt durch die vereinbarte Arbeitszeit geteilt wird und so ein Stundenlohn ermittelt wird. Ob Zuschläge zu zahlen sind, hängt unter anderem davon ab, ob sie branchenüblich sind.
Macht der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Überstundenvergütung gerichtlich geltend, so muss er im Einzelnen darlegen und gegebenenfalls auch beweisen, dass die Überstunden mit “Wissen und Wollen” des Arbeitgebers geleistet wurden und an welchem Datum er in welchem Umfang über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus tätig war.
Zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten sollte der Arbeitnehmer die geleisteten Überstunden dokumentieren und sich von seinem Vorgesetzten abzeichnen lassen.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt