Entscheidungen aus der Region Frankfurt und Rhein-Main 1/18

Kündigungsrisiko eines Mieters bei überhöhter Minderung

Mindern die Mieter die Miete, obwohl ein Minderungsrecht nicht oder nicht in der ausgeübten Höhe besteht, riskieren sie, dass der Vermieter das Mietverhältnis wirksam wegen Zahlungsverzugs kündigen kann. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11.07.2012, Az. VIII ZR 138/11 entschieden, dass der Zahlungsverzug für eine fristlose Kündigung nicht wegen fehlenden Verschuldens des Mieters entfällt, wenn dieser bei Anwendung der im Verkehr üblichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Voraussetzung für eine Minderung nicht bestehen.

Das wurde jetzt auch dem Mieter in einem vom Amtsgericht Groß-Gerau entschiedenen Fall zum Verhängnis, der zu hohe Minderungseinbehalte vorgenommen hatte. Das Amtsgericht Groß-Gerau entschied mit Verweis auf die o.g. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Kündigung wegen Zahlungsverzugs wirksam sei und der Mieter die Wohnung räumen müsse. Das Risiko einer zu hoch einbehaltenen Miete und einer darauf gestützten Kündigung trage der Mieter. Der Mieter hätte auch selbst erkennen können, dass der vorgenommene Mieteinbehalt zu hoch ist.

Amtsgericht Groß-Gerau, Urteil vom 13.12.2017, Az. 66 C 86/17 (21)

 

Zur Schonfristregelung bei außerordentlichen fristlosen Zahlungsverzugskündigungen

Im Wohnraummietrecht wird eine außerordentliche fristlose Zahlungsverzugskündigung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs (sog. Schonfrist) hinsichtlich der fälligen Miete und Nutzungsentschädigung befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.

Im vorliegenden Fall hatte das Sozialamt innerhalb der Schonfrist per e-mail erklärt, dass nach Erstellung eines Bescheids der Leistungssachbearbeiterin eine Kostenzusage über den Mietrückstand erteilt werde. Nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt stellt dies keine Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle im Sinne des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB dar. Die Kostenzusage sei lediglich in Aussicht gestellt worden, und zwar erst nach Erstellung des Leistungsbescheides. Es liege damit nur die „Ankündigung einer noch nicht erklärten Übernahme“ vor.

Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.07.2017, Az. 2-11 S 121/17

Zuvor: Amtsgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.02.2017, Az. 33 C 335/16 (76)

 

Boardinghaus im Teileigentum einer WEG

Wenn die Teilungserklärung keine Nutzungseinschränkungen vorsieht, kann im Teileigentum einer WEG auch ein sog. Boardinghaus betrieben werden.

In dem vom Landgericht Frankfurt entschiedenen Fall betrieb ein Teileigentümer im Hinterhaus ein Boardinghaus und vermietete dort 16 möblierte Wohneinheiten an Zeitarbeitsfirmen, die dort wechselnde Mitarbeiter unterbrachten. Der Unterlassungsanspruch der übrigen Eigentümer wurde zurückgewiesen. Ein Boardinghaus störe – so das Landgericht Frankfurt – bei „typisierender Betrachtungsweise“ nicht mehr als andere nach der Teilungserklärung zulässige gewerbliche Nutzungen.

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.08.2017, Az. 2-13 S 207/14

Zuvor: Amtsgericht Offenbach, Urteil vom 03.12.2014, Az. 310 C 62/14

Anmerkung: Vor Erwerb einer Eigentumswohnung sollte daher die Teilungserklärung sorgfältig daraufhin geprüft werden, welche Nutzung in der zu erwerbenden, aber auch in den übrigen Einheiten zulässig ist.

 

Stimmrechtsverbot des § 25 Abs. 5 WEG auch für Ehepartner

Gemäß § 25 Abs. 5 WEG ist ein Wohnungseigentümer aufgrund einer Interessenkollision u.a. nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Eigentümer gegen ihn betrifft. Dieses Stimmrechtsverbot erstreckt sich auch auf den Ehepartner des vom Stimmrechtsverbot betroffenen Eigentümers, wenn dieser Miteigentümer des Wohnungseigentums nach Bruchteilen oder in Gütergemeinschaft ist.

Amtsgericht Königstein, Urteil vom 13.10.2017, Az. 21 C 45/17 (17)

Anmerkung: Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Berufungsverfahren wird unter dem Az. 2-09 S 79/17 am Landgericht Frankfurt am Main geführt.

 

Ergänzung der Hausordnung einer WEG um eine Beschränkung des Musizierens und Klavierspielens 

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft fasste einen Beschluss, wonach die Hausordnung dahingehend ergänzt werden sollte, dass das Musizieren und Klavierspielen nur zu bestimmten Zeiten und maximal zwei Stunden täglich zulässig ist. Dieser Beschluss wurde von der Klägerin, einer ausgebildeten Pianistin und Klavierlehrerin angefochten. Mit Erfolg!

Der Beschluss entspreche – so das Landgericht Frankfurt unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Beschluss beschränke sich auf das Musizieren und Klavierspielen, grenze dieses unzulässig von anderen lärmintensiven Tätigkeiten ab und beschränke es. Eine solche Ungleichbehandlung verschiedener Geräuschquellen sei nicht von dem Ermessenspielraum der WEG bei der Beschlussfassung gedeckt und widerspreche daher ordnungsgemäßer Verwaltung.

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 04.10.2017, Az. 2-13 S 131/16

Zuvor: Amtsgericht Wiesbaden, Urteil vom 12.08.2016

 

Ellen Taufkirch
angestellte Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Patrick Geiger
angestellter Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

 

Strba Rechtsanwälte
Rechts- und Fachanwälte Frankfurt am Main