Entscheidungen aus der Region Frankfurt und Rhein-Main 4/17

Unterbringung von Asylbewerbern in einem Hotel als Verletzung des Gewerbemietvertrages

Das Landgericht Darmstadt hatte über die fristlose Kündigung eines Gewerbemietvertrages wegen der Unterbringung von Asylbewerbern zu entscheiden. Der Mieter hatte ein Objekt zur gewerblichen Nutzung zum Betrieb eines Hotels angemietet. Während der Vertragsverhandlungen hatten die Parteien besprochen, dass nicht ausschließlich an wechselnde Hotelgäste vermietet werden darf, sondern auch an Dauermieter.

Nach Abschluss des Mietvertrages schloss der Mieter mit dem Landkreis einen Vertrag über die Belegung des ganzen Objektes mit unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden, wobei er dem Landkreis ein Belegungsrecht einräumte, das über die eigene Mietdauer des Gewerbemietvertrages weit hinausging. Nach fruchtloser Abmahnung kündigte der Vermieter fristlos.

Zu Recht, wie das Landgericht Darmstadt urteilte. Der Mieter habe den Vertrag gleich zweifach verletzt:

Der Mieter habe die Mietsache nicht entgegen dem eindeutigen Vertragszweck (Hotel) als Heim für minderjährige Asylbewerber nutzen dürfen. Hierzu habe keine Einwilligung des Vermieters vorgelegen.

Die „eigentliche“ vertragswidrige Nutzung stelle aber der Umstand dar, dass der Mieter einen Vertrag mit dem Landkreis abgeschlossen habe, dessen Laufzeit deutlich länger sei als die seines eigenen Gewerbemietvertrages. Dies stelle eine Vertragsverletzung erheblicher Art dar und berechtige den Vermieter zur fristlosen Kündigung.

LG Darmstadt, Urteil vom 14.10.2016, Az. 1 O 226/16

 

Tauben füttern verboten!

Wenn der Mieter in der Außenanlage der gemieteten Wohnung Tierfutter auslegt und dadurch Tauben in großer Zahl auf das Grundstück kommen, kann der Vermieter nach erfolgloser Abmahnung Unterlassungsklage gegen den Mieter erheben. Das Füttern von Tauben ist in Frankfurt verboten und überschreitet zudem den vertragsgemäßen Mietgebrauch, weil Tauben erhebliche Verschmutzungen verursachen.

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.11.2016, Az. 33 C 2468/16 (76)

Anmerkung: In schwerwiegenden Fällen kann nach Abmahnung auch eine Kündigung des Mietverhältnisses in Betracht kommen.

 

Untersagung der Vollziehung rechtswidriger Beschlüsse einer WEG im Wege einer einstweiligen Verfügung

Das Amtsgericht Offenbach hatte über ein Eilverfahren zu entscheiden, mit dem ein Eigentümer die Vollziehung eines – aus seiner Sicht rechtswidrigen – Beschlusses verhindern wollte.

Die Gemeinschaft hatte einen Beschluss über die Durchführung einer umfangreichen Dach-, Fassaden- und Balkonsanierung mit einem Volumen von € 560.000,- gefasst, ohne dass die Angebote den Eigentümern vor der Eigentümerversammlung zur Verfügung gestellt wurden. Der Eigentümer beanstandete, dass es damit an einer hinreichenden Grundlage für eine ausgewogene Entscheidungsfindung in der Eigentümerversammlung fehlte.

Das Amtsgericht Offenbach hat in dieser Entscheidung noch einmal die wesentlichen Grundsätze zur Vollziehung von Beschlüssen zusammengefasst:

  • Auch fehlerhafte Beschlüsse sind grundsätzlich wirksam bis sie durch ein Gericht rechtskräftig für ungültig erklärt werden (§ 23 Abs. 4 S. 2 WEG).
  • Auch fehlerhafte Beschlüsse sind daher grundsätzlich vom Verwalter zu vollziehen.
  • Eine Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.
  • Die Vollziehung eines Beschlusses für die Zeit eines schwebenden Anfechtungsverfahrens kann aber ausnahmsweise durch eine einstweilige Verfügung ausgesetzt werden.
  • Dies ist dann möglich, wenn ausnahmsweise das Aussetzungsinteresse des anfechtenden Eigentümers gegenüber dem Vollziehungsinteresse der Gemeinschaft überwiegt, insbesondere weil dem anfechtenden Eigentümer „ein weiteres Zuwarten wegen drohender irreversibler Schäden nicht mehr zugemutet werden kann oder weil bei unstreitiger Sachlage und gefestigter Rechtsprechung die Rechtswidrigkeit des Beschlusses derart offenkundig ist, dass es hierfür nicht erst der umfassenden Prüfung durch ein Hauptsacheverfahren bedarf“.

Im vorliegenden Fall sah das Amtsgericht Offenbach einen solchen Ausnahmefall als gegeben an.

Der Beschluss widerspreche offensichtlich ordnungsgemäßer Verwaltung. Insbesondere angesichts des finanziellen Umfangs und der Komplexität der beschlossenen Sanierung sei es erforderlich gewesen, den Eigentümern die Angebote, Baubeschreibungen und Leistungsverzeichnisse mit der Ladung zur Eigentümerversammlung zu übersenden, damit diese sich im Vorfeld der Versammlung inhaltlich mit dem Beschlussgegenstand hätten auseinandersetzen können. Die Einsichtsmöglichkeit in die Unterlagen während der Versammlung sei nicht ausreichend, da eine „nachhaltige Einsichtnahme“ während einer Versammlung nicht möglich sei. Die Angelegenheit sei auch dringlich – so das Amtsgericht Offenbach -, da die Umsetzung der Sanierungsmaßnahme bereits begonnen hatte.

Vor diesem Hintergrund untersagte das Amtsgericht Offenbach die Durchführung der zur Sanierung gefassten Beschlüsse bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache.

Amtsgericht Offenbach am Main, Beschluss vom 01.07.2016, Az. 320 C 83/16

 

Modernisierungsmaßnahmen nach § 22 Abs. 2 WEG

Einem Wohnungseigentümer wurde durch Mehrheitsbeschluss die Anbringung eines Klimageräts an der Fassade des Gebäudes genehmigt. Der Kläger war mit diesem Beschluss nicht einverstanden und erhob Anfechtungsklage. Während das Amtsgericht Darmstadt die Klage abwies, gab das Landgericht Frankfurt dem Kläger in der Berufungsinstanz Recht.

Eine Modernisierung im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG, die mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden kann, müsse sich stets auf die gesamte Wohnungseigentumsanlage beziehen. Wenn dies – wie vorliegend – nicht der Fall sei, liege keine Modernisierungsmaßnahme, sondern eine bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 WEG vor.

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 13.01.2017, Az. 2-13 S 186/14

Anmerkung:

Bauliche Veränderungen nach § 22 Abs. 1 WEG sind nur zulässig, wenn die Zustimmung aller Eigentümer vorliegt, deren Rechte durch die Maßnahme über das im Rahmen des Zusammenlebens übliche Maß hinaus beeinträchtigt werden. In vielen Fällen ist damit die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich.

Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 22 Abs. 2 WEG können hingegen beschlossen werden, wenn ihnen eine doppelt qualifizierte Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Eigentümer nach Köpfen und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile zustimmt.

 

Ellen Taufkirch
angestellte Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Patrick Geiger
angestellter Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

 

Strba Rechtsanwälte
Rechts- und Fachanwälte Frankfurt am Main