Am 23.08.2016 haben wir in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erläutert, unter welchen Voraussetzungen Zeiten der Betriebszugehörigkeit trotz Unterbrechung zusammenzurechnen sind.
Wenn zwischen einem befristeten Arbeitsverhältnis und einer unbefristeten Anstellung im selben Unternehmen ein gewisser Zeitraum liegt, beginnt unter Umständen wieder eine Frist von sechs Monaten, in der Arbeitgeber keinen besonderen Grund angeben müssen, wenn sie kurzfristig kündigen wollen. Ist der Zeitraum zwischen den beiden Anstellungen aber nur kurz, hat der Arbeitnehmer unter Umständen trotz Unterbrechung den vollen Kündigungsschutz.
Leser N. war im Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. März 2016 in einem größeren Betrieb in Frankfurt auf der Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrages beschäftigt. Der Arbeitgeber wollte testen, ob sich Herr N. für die Tätigkeit bewährt, um anschließend über eine unbefristete Anstellung von Herrn N. zu entscheiden. Da der Arbeitgeber mit der Leistung zufrieden war, kam es zum Abschluss eines Anschlussvertrages, urlaubsbedingt jedoch erst am 7. April 2016. Wenige Tage darauf erhielt Herrn N. überraschend eine fristgerechte Kündigung. Auf seine Frage, was Anlass für die Kündigung gewesen sei, antwortete sein Chef, er habe von seinem Recht Gebrauch gemacht, innerhalb der “Probezeit”, die am 7. April 2016 neu begonnen habe, zu kündigen. Einen besonderen Grund hierfür benötige er nicht. Der Leser fragt, ob sein Arbeitgeber recht habe.
In den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses genießt ein Arbeitnehmer in der Regel noch keinen allgemeinen Kündigungsschutz gemäß Paragraph 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Der Arbeitgeber benötigt daher in dieser Zeit, von Ausnahmen abgesehen, tatsächlich keinen besonderen Grund, um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Er genießt die sogenannte Kündigungsfreiheit, die aber nicht unbeschränkt ist und ihre Grenze zum Beispiel im Verbot einer Diskriminierung findet. Die wäre etwa dann gegeben, wenn wegen des Geschlechts oder des Alters dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin gekündigt würde. Dieser Sechs-Monats-Zeitraum trägt die Bezeichnung Wartezeit und ist von der sogenannten Probezeit zu unterscheiden. Grundsätzlich beginnt die Wartezeit trotz Vorbeschäftigung beim selben Arbeitgeber neu zu laufen, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen eine rechtliche Unterbrechung lag.
Eine solche Unterbrechung besteht hier, weil das alte Arbeitsverhältnis infolge der Befristung am 31. März 2016 geendet hatte und das neue erst am 7. April 2016 begründet wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) tangiert eine Unterbrechung für die Berechnung der Wartezeit allerdings nicht, wenn zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Eine feste zeitliche Grenze nennt das BAG nicht; in einigen Entscheidungen heißt es lediglich, dass die Grenze zu einer schädlichen Unterbrechung “in der Regel” bei drei Wochen zu sehen sei. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalls, zu prüfen sind dabei Anlass und Dauer der Unterbrechung sowie die Art der Weiterbeschäftigung. In Anbetracht dessen spricht im Fall von Herrn N. viel dafür, dass die Unterbrechung die Wartezeit nicht tangiert. Er setzt seine bisherige Tätigkeit fort, die Unterbrechung beträgt lediglich sechs Tage, und ohne den Urlaub wäre es wohl zu einem nahtlosen Anschlussvertrag gekommen. Folge hiervon wäre, dass die Wartezeit, weil Herr N. zum Zeitpunkt der Kündigung insgesamt länger als sechs Monate in einem Arbeitsverhältnis stand, erfüllt ist. Die Kündigung wäre somit nur bei Bestehen eines Kündigungsgrundes im Sinne des Paragraphen 1 KSchG rechtmäßig, andernfalls nicht.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt