Am 24.01.2013 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Kritik am Chef in sozialen Medien (z. B. auf Facebook) als Kündigungsgrund? “ beschäftigt.
Frau E. hat sich über ihren Chef geärgert. Sie ist der Meinung, er habe sie zu Unrecht kritisiert. Über einen Eintrag in ihrem Facebook-Account, der nur für die “Freunde” zugänglich ist, verschafft sie sich Luft. Unter anderem bezeichnet sie ihren Arbeitgeber als “Blindgänger” und “Psychopathen”. Eine Kollegin, die zum Kreis der Facebook-Freunde von Frau E. zählt, berichtet dem Arbeitgeber hiervon. Dieser spricht daraufhin umgehend eine fristlose Kündigung aus. Frau E. ist der Ansicht, dass eine Äußerung, die sie außerhalb des Arbeitsplatzes und dazu noch in einem vertraulichen Rahmen gemacht hat, eine Kündigung nicht rechtfertigen könne.
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit erlaubt Arbeitnehmern selbstverständlich, sich kritisch über den Arbeitgeber zu äußern. Die Grenze wird dann überschritten, wenn es sich nicht um sachliche Äußerungen handelt, sondern um sogenannte Schmähkritik, etwa in Form von Beleidigungen. Dieses Verhalten kann eine fristlose Kündigung grundsätzlich rechtfertigen.
Die Besonderheit besteht jedoch darin, dass Frau E. offensichtlich davon ausging, ihre Äußerungen würden vertraulich behandelt und nicht dem Arbeitgeber zugetragen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass eine ehrverletzende Äußerung über einen Vorgesetzten, die im vertraulichen Gespräch unter Kollegen gemacht wurde, eine Kündigung nicht ohne weiteres rechtfertigen könne. Der Arbeitnehmer dürfe anlässlich solcher Gespräche darauf vertrauen, dass seine Äußerungen nicht nach außen getragen würden. Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Charakters nicht schutzwürdig seien, genießen, so das BAG unter Berufung auf das Bundesverfassungsgericht, in Vertraulichkeitsbeziehungen verfassungsrechtlichen Schutz, der dem Schutz der Ehre des Betroffenen vorgehe. Ob sich diese Grundsätze auf den Fall einer Äußerung in einem sozialen Netzwerk im Internet übertragen lassen, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.
Einigkeit scheint in der Frage zu bestehen, dass ein Eintrag, der nicht nur für einen begrenzten “Freundeskreis”, sondern für alle Nutzer zugänglich ist, nicht den Schutz der Vertraulichkeit genießt. Der Arbeitnehmer darf dann nicht damit rechnen, dass seine Äußerung dem Arbeitgeber nicht bekannt wird. Mehrere Arbeitsgerichte haben entschieden, dass ein Eintrag, der nur einem begrenzten Kreis zugänglich ist, nicht anders zu beurteilen sei als ein allgemein zugänglicher.
Eine andere Ansicht hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München vertreten. Dieser hat in einem Verfahren, in dem es um die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin, die sich via Facebook negativ geäußert hatte, Folgendes ausgeführt: Es sei von Bedeutung, ob die Äußerung im Rahmen einer vertraulichen Kommunikation mit Freunden gefallen sei. Dies komme in Betracht, wenn sie im “privaten Bereich” von Facebook gemacht worden sei. Somit ist maßgeblich, welcher Ansicht sich das Gericht anschließt, das über die Wirksamkeit der Kündigung gegenüber Frau E. zu urteilen hat.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt