Am 17.11.2011 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Unzulässigkeit einer pauschalen Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt“ beschäftigt.
Frau W. ist als Sekretärin in einem mittelständischen Unternehmen beschäftigt. Ihre vertragliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche. Wegen der schon seit längerer Zeit andauernden Abwesenheit einer Kollegin musste Frau W. in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Überstunden leisten. Diese summieren sich inzwischen auf 50 Stunden. Frau W. ist der Ansicht, der Arbeitgeber müsse ihr die Mehrarbeit gesondert vergüten. Dieser verweist jedoch auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, wonach mit dem monatlichen Gehalt alle erforderlichen Überstunden abgegolten sind. Frau W. fragt, ob eine solche Bestimmung überhaupt wirksam sei.
Für den Fall, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Vergütungsabrede geschlossen haben, gilt § 612 BGB. Danach ist eine Vergütung “stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist”. Diese Vorschrift gilt auch für den Fall, dass die Parteien keine Vereinbarung darüber getroffen haben, wie Überstunden zu vergüten sind.
Auf den ersten Blick gibt es hier jedoch eine Vergütungsvereinbarung. Diese besteht darin, dass die Überstunden mit dem Monatsgehalt abgegolten sind. Diese Klausel ist jedoch unwirksam. Bei dieser Vertragsbestimmung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). Als solche muss sie dem sogenannten Transparenzgebot genügen. Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss eine Klausel so fassen, dass sie die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers so klar und präzise wie möglich umschreibt. Hinsichtlich einer Klausel, die die pauschale Vergütung von Mehrarbeit regelt, folgt hieraus: Aus dem Arbeitsvertrag muss sich ergeben, welche Anzahl von Überstunden hiervon höchstens erfasst wird. Für den Arbeitnehmer muss bei Abschluss des Vertrages erkennbar sein, welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal zu erbringen hat. Dies ist hier nicht der Fall.
Die Formulierung, wonach “alle erforderlichen Überstunden” abgegolten werden, beinhaltet keine Begrenzung auf eine Höchstzahl von Überstunden. Für den Arbeitnehmer ist somit die Zahl der Arbeitsstunden, die er für ein bestimmtes Gehalt leisten muss, nicht vorhersehbar. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 01.09.2010, 5 AZR 517/09) hat daher eine Klausel, die der vorliegenden vergleichbar ist, für unwirksam erklärt. Mangels wirksamer Vergütungsvereinbarung findet folglich § 612 BGB Anwendung.
Frau W. hat somit einen Anspruch auf Vergütung der Überstunden. Hinsichtlich der Höhe bestimmt § 612 Absatz 2 BGB, dass die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist. Diese lässt sich im vorliegenden Fall so ermitteln, dass das Monatsgehalt durch die monatliche Regelarbeitszeit (Basis sind 40 Wochenstunden) geteilt wird. Mit dem sich so ergebenden Stundensatz sind die Überstunden zu vergüten.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt