Am 24.02.2011 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Vertragsstrafe im Arbeitsrecht“ beschäftigt.
Herr P. unterschrieb im Januar 2011 einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Maschinenbauingenieur. Der 1. Februar sollte der erste Arbeitstag sein. Die Probezeit sollte sechs Monate betragen. In der Zwischenzeit fand Herr P. jedoch eine besser bezahlte Tätigkeit, daher trat er die Stelle nicht an, kündigte aber auch nicht. Das Unternehmen macht nun eine Vertragsstrafe gegen Herr P. geltend. Es beruft sich auf eine regelmäßig verwendete Regelung im Arbeitsvertrag, wonach bei Nichtantritt ein Bruttomonatsgehalt Strafe zu zahlen ist. Herr P. fragt, ob er zahlen muss.
Bei der Bestimmung des Arbeitsvertrages handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB), da sie in allen Verträgen verwendet wird und Herr P. keinen Einfluss auf ihren Inhalt hatte. AGBs unterliegen einer gerichtlichen Kontrolle. Sie sind dann unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mehrfach entschieden, dass Abreden über Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen zulässig sein können. Die drohende Vertragsstrafe stellt nach Ansicht des Gerichts ein angemessenes Mittel dar, um den Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Arbeitspflicht anzuhalten. Schließlich hat der Arbeitgeber keine Möglichkeit, die Pflicht des Mitarbeiters zur Arbeit im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen.
Die Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag darf jedoch keine beliebige Höhe annehmen. Sie muss in einem angemessenen Verhältnis zur Vertragsverletzung und dem hierdurch ausgelösten Schaden stehen. Nach einem Urteil des BAG aus dem Jahr 2004 (8 AZR 196/03) ist die Höhe der Vertragsstrafe bei Nichtantritt der Arbeit am Wert der entgangenen Arbeitsleistung zu messen. Da eine Probezeit vereinbart wurde, hätte Herr P. das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen kündigen können. Das Unternehmen hätte somit für höchstens zwei Wochen eine Arbeitsleistung von ihm verlangen können.
Der Wert dieser entgangenen Leistung entspricht dem Gehalt für diesen Zeitraum. Ein Bruttomonatsgehalt steht somit außer Verhältnis zum Schaden, und dies führt zur Unwirksamkeit der entsprechenden Vertragsstrafenklausel. Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe auf einen angemessenen Betrag (Gehalt für zwei Wochen) kommt nicht in Betracht. Dies würde gegen das “Verbot der geltungserhaltenden Reduktion” verstoßen. Dieses Verbot besagt Folgendes: AGBs, die den Vertragspartner benachteiligen, sind in vollem Umfang unwirksam und können nicht mit einem eingeschränkten Inhalt aufrechterhalten werden. Damit sollen AGB-Verwender davon abgehalten werden, überzogene Klauseln zu verwenden. Diese abschreckende Wirkung würde verfehlt, wenn der Verwender damit rechnen dürfte, die Klausel mit dem gerade noch zulässigen Inhalt aufrechterhalten zu können.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt