Am 11.11.2010 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Mitbestimmung des Betriebsrates bei personellen Maßnahmen (am Beispiel einer Versetzung) “ beschäftigt.
Frau J. arbeitet als Krankenschwester in Frankfurt. Da die Stationsleiterin demnächst in den Ruhestand geht, hat die Krankenhausleitung beschlossen, Frau J. zur Nachfolgerin zu ernennen. Sie wurde hierüber mündlich in Kenntnis gesetzt. Eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag ist in Vorbereitung. Nun stellt sich jedoch der Betriebsrat quer. Mit Hinweis auf die Forderung, dass freie Stellen für die Stationsleitung betriebsintern ausgeschrieben werden müssen, verweigert er seine Zustimmung. Die Krankenhausleitung scheut einen Rechtsstreit und teilt Frau J. mit, die Stelle werde ausgeschrieben. Frau J. fragt, ob sie einen Anspruch auf die Stationsleitung hat.
Da es noch nicht zu einer vertraglichen Vereinbarung über die Beförderung kam, könnte sich ein Anspruch von Frau J. lediglich aus einer Selbstbindung ihres Arbeitgebers ergeben. Der Arbeitgeber handelt treuwidrig, wenn er sich zu seinem eigenen Verhalten, zum Beispiel einer Zusage, in Widerspruch setzt. Er ist dann gehindert, von seiner ursprünglichen Entscheidung Abstand zu nehmen. Es kommt somit auf die Frage an, ob sich die Klinikleitung selbstwidersprüchlich verhält, indem sie sich auf die fehlende Zustimmung des Betriebsrates beruft.
Wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat (Urteil vom 16.03.2010, 3 AZR 31/09), kann der Arbeitnehmer ohne Vorliegen besonderer Umstände nicht davon ausgehen, dass sich der Arbeitgeber zu einem rechtlichen Konflikt mit dem Betriebsrat verpflichtet sieht. Die Zusage stehe deshalb in der Regel unter dem (stillschweigenden) Vorbehalt der notwendigen Zustimmung des Betriebsrates.
Im vorliegenden Fall wäre die Zustimmung des Betriebsrates erforderlich. Der Betriebsrat hat nach dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 99 BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht bei personellen Einzelentscheidungen. Er muss diesen zustimmen, anderenfalls dürfen sie nicht umgesetzt werden. Hierzu zählen auch Versetzungen. Eine Versetzung ist nach dem Gesetz (§ 95 III BetrVG) die Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes, wobei die Arbeit voraussichtlich mehr als einen Monat dauert oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist. Dies ist hier der Fall. Der Betriebsrat darf die Zustimmung aber nur aus Gründen verweigern, die im § 99 BetrVG aufgelistet sind. Das Verlangen nach der internen Ausschreibung einer Stelle gehört zu diesen Gründen.
Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, die verweigerte Zustimmung des Betriebsrates durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen. Im vorliegenden Fall wären die Erfolgsaussichten für das Krankenhaus jedoch gering, weil ein berechtigter Grund für die Weigerung des Betriebsrates gegeben ist. Das Bundesarbeitsgericht hat zudem mit oben genanntem Urteil entschieden, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, vor das Arbeitsgericht zu ziehen. Frau J. bleibt somit nichts anderes übrig, als sich an der Ausschreibung zu beteiligen und darauf zu hoffen, dass die Wahl abermals auf sie fällt.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt