Am 21.10.2010 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Abwerben von ehemaligen Kunden – Wettbewerbsverbot“ beschäftigt.
Herr N. war bis vor kurzem als fest angestellter Anlageberater im Taunus tätig. Sein Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31. Januar 2011 und stellte ihn mit sofortiger Wirkung frei. Herr N. beabsichtigt, sich selbständig zu machen, und hofft darauf, dass viele der Kunden, für die er zuständig war, ihm die Treue halten werden. Herr N. fragt, ob er bereits vor dem 31. Januar Kunden ansprechen darf, um diese für sein zukünftiges Unternehmen zu gewinnen.
In einem bestehenden Arbeitsverhältnis unterliegt der Arbeitnehmer einem Wettbewerbsverbot. Das ist auch dann der Fall, wenn sich im Arbeitsvertrag keine Regelung hierzu findet. Das Verbot folgt aus einem allgemeinen Rechtsprinzip: dem Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertragspartners. Diesem kommt im Arbeitsverhältnis eine besonders hohe Bedeutung zu. Der Arbeitnehmer darf in dem Geschäftsbereich, in dem sein Arbeitgeber tätig ist, seine Dienste und Leistungen Dritten nicht anbieten. Dieses Verbot umfasst sowohl eine selbständige Tätigkeit als auch die Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen.
Da das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist rechtlichen Bestand hat – bei Unwirksamkeit der Kündigung sogar darüber hinaus -, dauert das Wettbewerbsverbot grundsätzlich nach Ausspruch der Kündigung fort. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu Beginn des Jahres noch einmal bestätigt. Selbst während eines Kündigungsschutzprozesses sei der Arbeitnehmer in der Regel an das Verbot gebunden, so das BAG.
Ausdrücklich offen gelassen hat das Gericht, ob das Wettbewerbsverbot im ungekündigten Arbeitsverhältnis in jedem Fall so weit reicht wie im ungekündigten. Dem Urteil dürfte sich aber der Grundsatz entnehmen lassen, dass es in jedem Fall verboten ist, Kunden zum Wechsel zu bewegen. Herrn N. sollte unbedingt darauf verzichten, bereits jetzt Kunden anzusprechen. Ansonsten droht neben einer außerordentlichen Kündigung (damit würde er seine Gehaltsansprüche für die Zeit bis zum 31. Januar verlieren) die Inanspruchnahme auf Unterlassung und Schadensersatz. Erst nach Ablauf der Kündigungsfrist darf Herr N. Kunden abwerben.
Etwas anders gilt, wenn ein sogenanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht. Dieses setzt eine vertragliche Abrede zwischen Herrn N. und dem bisherigen Arbeitgeber voraus. Deren Wirksamkeit hängt insbesondere davon ab, ob dem Arbeitnehmer eine sogenannte Karenzentschädigung als Ausgleich für die Einschränkung seiner beruflichen Freiheit zugesagt wird. Fehlt es an einem wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, ist Herr N. nach dem 31. Januar frei darin, Kunden seines früheren Arbeitgebers zu einem Wechsel zu bewegen.
Wolfgang Strba
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt