Am 03.07.2008 haben wir uns in der Frankfurter Allgemeine Zeitung mit dem Thema „Verfallklauseln (Ausschlussfristen) in Tarif- und Arbeitsverträgen “ beschäftigt.
Herr K. hat seinem Arbeitsvertrag zufolge einen Anspruch auf Weihnachtsgeld, das mit dem Novembergehalt auszuzahlen ist. Im vergangenen Jahr zahlte der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld jedoch mit Hinweis auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens nicht. Herr K. nimmt diese Entscheidung zunächst hin, entschließt sich im Juni jedoch, seinen Anspruch schriftlich einzufordern. Sein Chef wendet ein, Herr K. komme zu spät. Er verweist auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, wonach die Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich erhoben werden. Herr K. fragt, ob diese Klausel rechtens ist.
In vielen Tarif- und Arbeitsverträgen finden sich sogenannte Ausschlussfristen (Verfallklauseln). Sie sollen dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit dienen. Die Vertragspartner sollen sich darauf verlassen können, dass nach einem bestimmten Zeitraum keine Ansprüche mehr gegen sie erhoben werden können.
Ausschlussfristen bewirken den automatischen Verlust von Ansprüchen, ohne dass sich die Gegenpartei auf die Fristversäumung berufen muss. Zu unterscheiden sind ein- und zweistufige Verfallklauseln. Bei der einstufigen (wie im vorliegenden Fall) genügt es, dass der Gläubiger (in diesem Fall Herr K. als Arbeitnehmer) seine Forderung außergerichtlich innerhalb einer bestimmten Frist stellt.
Bei der zweistufigen Verfallklausel muss der Anspruch gegebenenfalls zusätzlich innerhalb einer gewissen Frist gerichtlich geltend gemacht werden, um den Verlust des Anspruchs zu vermeiden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) beträgt die Mindestfrist sowohl für die erste Stufe (außergerichtliche Geltendmachung) als auch für die zweite Stufe (gerichtliche Geltendmachung) drei Monate. Ist die Frist kürzer, so führt dies nicht etwa zu ihrer Verlängerung auf drei Monate, sondern zum vollständigen Wegfall der Ausschlussfrist.
Diesen Anforderungen genügt die Klausel im Arbeitsvertrag von Herrn K. nicht. Sie ist auch noch aus einem anderen Grund unwirksam. Sie sieht nämlich einen Ausschluss einseitig nur für Ansprüche des Arbeitnehmers vor, nicht aber auch umgekehrt für die des Arbeitgebers. Das ist aus Sicht der Rechtsprechung unausgewogen und damit unwirksam. Der Arbeitgeber von Herrn K. kann sich somit nicht darauf berufen, dass dieser seinen Anspruch erst im Juni 2008 und somit deutlich mehr als zwei Monate nach Fälligkeit stellt.
Hingewiesen sei noch darauf, dass Verfallklauseln in Tarifverträgen nicht so einer strengen Kontrolle unterliegen wie solche in Arbeitsverträgen. Unter Umständen können auch kürzere Fristen als drei Monate wirksam sein.
Ausschlussfristen sind insofern gefährlich, als sie auch dann gelten, wenn sie den Parteien unbekannt sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass tarifvertragliche Verfallklauseln selbst dann Anwendung finden können, wenn der Arbeitnehmer nicht Gewerkschaftsmitglied ist. Dies ist der Fall, wenn im Arbeitsvertrag die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages vereinbart wurde.
Es empfiehlt sich daher ein rechtzeitiger Blick in den Arbeitsvertrag oder in den Tarifvertrag, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.
Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt