Bundesarbeitsgericht vom 19.07.2016 (2 AZR 637/15): Zur sogenannten „Druckkündigung“

Es gibt Fälle, in denen Arbeitnehmer vom Unternehmen verlangen, dieses solle einen ihrer Kollegen entlassen und für den Fall der Nichtumsetzung ihrer Forderung Konsequenzen androhen. Über eine solche Konstellation hat das Bundesarbeitsgericht am 19.07.2016 entschieden. Eine Schulträgerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit einer Lehrerin fristlos, nachdem sieben Lehrkräfte, die Sekretärin und der Hausmeister erklärt hatten, eine weitere Zusammenarbeit mit ihr abzulehnen. Sie hatten mitgeteilt, sie würden ihre Arbeitsverhältnisse beenden, falls die Arbeitgeberin nicht gegenüber der Lehrerin eine außerordentliche Kündigung erklären würde. Die Betroffene erhob hiergegen Kündigungsschutzklage. Das Bundesarbeitsgericht kam, wie bereits die Vorinstanzen, zu dem Ergebnis, dass die Kündigung unwirksam ist.

Im hier vorgestellten Fall gab es nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts keine objektiven Gründe im Verhalten oder der Person der Klägerin, die die Kündigung hätten rechtfertigen können. Es kam somit entscheidend auf die Frage an, ob die Forderung der Kollegen nach Entlassung ausreichend war, um die Kündigung zu begründen. In dem Fall, dass es keine objektive Rechtfertigung für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern allein ein darauf gerichtetes und mit Drohungen verbundenes Verlangen aus dem Kollegenkreis gibt, spricht man von einer sogenannten „echten Druckkündigung“. Diese unterliegt strengen Anforderungen. Der Arbeitgeber darf einem Kündigungsverlangen nicht ohne weiteres nachgeben. Er hat sich schützend vor den Betroffenen zu stellen und alles Zumutbare zu versuchen, um die Mitarbeiter von ihrer Drohung abzubringen. Nur wenn trotz solcher Bemühungen die Verwirklichung der Drohung in Aussicht gestellt und dem Arbeitgeber dadurch schwere wirtschaftliche Nachteile drohen, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein. Dies setzt aber weiter voraus, dass die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden.

Im Fall, über den das BAG zu entscheiden hatte, wurden die hohen Anforderungen an eine Druckkündigung nicht erfüllt. Die Arbeitgeberin habe, so das BAG, nicht alles Zumutbare unternommen, um ihre Mitarbeiter von dem Kündigungsverlangen abzubringen. Das Urteil verdeutlicht, dass eine Kündigung, die vom Arbeitgeber allein aufgrund eines hierauf gerichteten Verlangens von Kollegen ausgesprochen wird, nur in Ausnahmefällen Bestand haben kann.

Wolfgang Strba,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Frankfurt